Landtagswahl:Kampf um die Heimat

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Feine Sahne Fischfilet

Die Band Feine Sahne Fischfilet mit dem Ortsschild von Jarmen - Sänger Monchi (in der Mitte unter dem Sonnenschirm) stammt von dort.

(Foto: Bastian Bochinski; Bastian Bochinski)

Mecklenburg-Vorpommern droht bei der Landtagswahl ein Rechtsruck, besonders in den Provinzen im Osten. Die Band Feine Sahne Fischfilet zeigt, dass dort nicht nur der Hass wohnt.

Von Antonie Rietzschel, Jarmen

Bewegungslos steht er da. Jan Gorkow, Spitzname Monchi, ist der Sänger der Band Feine Sahne Fischfilet. Ein Brocken, den nichts so leicht umhaut. Den rechten Arm hat er nach oben gereckt, in der Hand eine rote Pyrofackel. Es ist eines der Bilder, die bleiben werden. Die Pyrofackel ist ein Leuchtsignal aus Jarmen, mitten aus der Provinz in Vorpommern.

Hier haben sich am Samstagabend 2200 Menschen versammelt, um zu feiern. Aber auch um zu zeigen, dass es im Südosten des Landes nicht nur Rechtsextreme gibt, nicht nur Wut und Hass auf Flüchtlinge. Sondern auch "einfache geile Menschen", wie Monchi sagt. Die zeigen: "Mecklenburg-Vorpommern ist noch nicht komplett im Arsch." Man wolle den Abend genießen, sagt er. "Denn der Sonntag wird scheiße."

An diesem Sonntag wird ein neuer Landtag gewählt. Die NPD könnte zwar aus dem Parlament fliegen - dafür wird die rechtspopulistische Alternative für Deutschland voraussichtlich mit mehr als 20 Prozent einziehen, möglicherweise sogar als zweitstärkste Kraft hinter der SPD. Die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel war das bestimmende Thema im Wahlkampf. Die Hochburgen der AfD liegen vor allem in den ländlichen Gebieten, weitab des landespolitischen Betriebs in Schwerin. Dort, wo die Menschen häufig nur alle fünf Jahre einen Politiker zu sehen bekommen, wenn wieder um Stimmen gekämpft wird. Dort, wo die Parteien sich zurückgezogen haben. Und die rechtsextreme NPD bislang die Lücken füllte.

Jetzt macht hier auch noch die AfD Stimmung. Wegen eines Themas, das es eigentlich in dieser Gegend nicht wirklich gibt. Gerade mal 11 000 Flüchtlinge leben in Mecklenburg-Vorpommern. Besonders in den Dörfern oder Kleinstädten sind sie nicht präsent - und dennoch werden Verlustängste und allgemeiner Frust auf sie projiziert. Egal ob in Anklam, Parchim oder Wolgast.

Die Band Feine Sahne Fischfilet war in den vergangenen Wochen in diesen Orten unterwegs. Ihre Auftritte werden wohl nichts an dem Wahlergebnis ändern, das war von Anfang an klar. Aber sie wollten den Menschen, die sich gegen den Rechtsruck stellen, einen Grund geben zu feiern. Und sie setzten Leuchtsignale, die man auch im Rest von Deutschland sehen konnte: Zum Konzert vor dem Demokratiebahnhof in Anklam kamen 2000 Menschen. Der Rostocker Rapper Marteria war da, aber auch Campino von den Toten Hosen. Feine Sahne Fischfilet bekam sogar Lob von Justizminister Heiko Maas. Das hat die Musiker geärgert, weil sie sich politisch missbraucht fühlten.

Ihre Tour führte auch vor Augen, wie groß der Hass ist. Die Hauswand eines Veranstaltungsortes wurde mit Buttersäure bespritzt. Unbekannte zündeten das Auto eines Aktivisten an.

Monchi, der Sänger von Feine Sahne Fischfilet, weiß was es heißt, in der Provinz Mecklenburg-Vorpommerns aufzuwachsen. Wie es ist, von Rechtsextremen bedroht zu werden - aber auch, wie schmal der Grat ist, selbst in die Szene abzurutschen. Der 28-Jährige kommt aus Jarmen, der letzten Station der Band vor der Landtagswahl. Von Rostock aus braucht man mit dem Auto eine Dreiviertel Stunde in die Kleinstadt, in der etwa 3000 Menschen leben.

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