Glatze und schwarze Brille, bissiger Witz, kurz angebunden und souverän. Das ist die Marke Torsten Albig. Für Albig öffneten sich immer neue Türen, zuletzt stand der Sozialdemokrat als Ministerpräsident an der Spitze Schleswig-Holsteins. Jetzt landete er bei den Landtagswahlen nur auf Platz zwei, deutlich hinter dem wenig bekannten CDU-Spitzenkandidaten Daniel Günther. Der von den Sozialdemokraten erhoffte Schulz-Effekt blieb aus.
Albig hat in seinem Leben oft Jobs und Wohnorte gewechselt. Schon in jungen Jahren blieb er nie lange an einem Platz. 1963 in Bremen geboren, wuchs er in Ostholstein auf und zog als Jugendlicher nach Nordrhein-Westfalen. Mit 19 Jahren trat er in die Bielefelder SPD ein, machte sein Abitur und studierte Jura, bevor es ihn wieder nach Schleswig-Holstein verschlug. Dort trat er eine Stelle als Jurist in der Steuerverwaltung des Landes an und wechselte später in die Landesvertretung nach Bonn.
Ab 1996 arbeitete Albig im Büro des damaligen SPD-Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine. Als dieser Finanzminister wurde, begleitete ihn Albig in die Bundesregierung und übernahm seine öffentliche Kommunikation. Lafontaine legte 1999 seine politischen Ämter nieder, sein Sprecher Albig blieb und arbeitete für den Amtsnachfolger Hans Eichel. Zu dieser Zeit sanken die Steuern, die Defizite schrumpften, es begann eine vergleichsweise entspannte Zeit im Finanzministerium. Nach Stationen als Presseprecher einer Bank und als Lokalpolitiker in Kiel führte Torsten Albigs Weg im Jahr 2006 zurück in die Bundesregierung - als schlagfertiger Sprecher des damaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück. Die weltweite Wirtschaftskrise plagte das Ministerium. Albig diskutierte und stritt gerne mit Steinbrück, war zugleich einer seiner engsten Berater.
Zwischendurch wagte Torsten Albig einen Sprung in die Wirtschaft - als Konzernsprecher und Leiter der Presseabteilung bei der Dresdner Bank. Die Arbeit im Ministerium sei zur Routine geworden, begründete er seinen Wechsel. Doch kaum hatte Albig seinen neuen Job angetreten, übernahm die Allianz die Dresdner Bank: Der Inhalt von Albigs erster Pressekonferenz und das Ende seiner Karriere im Konzern. Sein SPD-Parteifreund und damaliger Bürgermeister Norbert Gansel holte ihn nach Kiel. Bis 2006 war Albig Kämmerer und Stadtrat in der Landeshauptstadt.
Vier Jahre lang kämpfte Albig mit der hohen Arbeitslosigkeit und den Schulden Kiels. Bevor er ins Finanzministerium zu Steinbrück wechselte verkündet er - zur Überraschung der meisten Beobachter - seine Ambition auf das Amt des Oberbürgermeisters. Tatsächlich wählten ihn die Kieler 2009 in ihr Rathaus. Albig gewann in der Direktwahl gegen die CDU-Amtsinhaberin mit 52,1 Prozent. Als Oberbürgermeister kritisierte er die Bundespolitik scharf, forderte in einem Papier mit dem Titel "Mehr Stadt statt Staat" eine bessere Finanzausstattung der Städte. Nach nur einem Jahr kündigte Albig an, als SPD-Spitzenkandidat in den Wahlkampf zu gehen. Viele seiner Versprechen konnte er in seinen drei Jahren Amtszeit nicht umsetzen. Er ließ Kiel mit einem hohen Haushaltsdefizit und maroden Schulen zurück, schaffte es jedoch, den politischen Fokus auf die Bildung zu lenken.
2012 wählten die Schleswig-Holsteiner Albig zu ihrem Ministerpräsidenten. Dank seiner pragmatischen Art behielt seine Küstenkoalition aus SPD, Grünen und der Partei der dänischen Minderheit SSW fünf Jahre lang die knappe Mehrheit. So hatte es Albig bei seinem Amtsantritt versprochen. Krisen konnten ihm wenig anhaben. Im September 2014 musste er sein Kabinett umbauen, weil zwei Minister zurücktraten. Die Forderungen der Opposition, Albig solle ebenfalls zurücktreten, ignorierte der Ministerpräsident. Sonst selten in den Schlagzeilen, erregte Schleswig-Holstein unter Albig bundesweit Aufmerksamkeit. Er kritisierte die Flüchtlingspolitik des Bundes und die Abschiebungen afghanischer Flüchtlinge. Sein Land stellte sich als einziges quer, verkündete einen Abschiebestopp. In den vergangenen Wochen setzte der SPD-Spitzenkandidat im Wahlkampf auf "Gerechtigkeit für alle". Die Wähler konnte er damit offenbar nicht überzeugen.