Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl in NRW:Röttgen verärgert die Bundes-CDU

CDU-Spitzenkandidat Röttgen erklärt die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zur Abstimmung über die Europapolitik von Kanzlerin Merkel und brüskiert damit die Bundespartei. "Uns sind alle Adern gefroren, als wir die Nachricht gehört haben", heißt es aus Kreisen der Unionsfraktion.

Robert Roßmann, Berlin

Der Spitzenkandidat der CDU in Nordrhein-Westfalen, Norbert Röttgen, hat die Landtagswahl zu einer Abstimmung über die Europapolitik von Kanzlerin Angela Merkel erklärt und damit die Bundespartei verärgert. "Uns sind alle Adern gefroren, als wir die Nachricht gehört haben", verlautete aus Kreisen der Unionsfraktion. In der Bundes-CDU hieß es etwas vornehmer, man sei "überrascht".

Auf einer Veranstaltung in Düsseldorf hatte Röttgen gesagt, nach dem Erfolg der Sozialisten in Frankreich und der Niederlage der Regierungsparteien in Griechenland stehe die Frage im Raum, ob der Euro-Kurs Merkels in Gefahr sei. Bei der Landtagswahl gehe es deshalb auch darum, ob der Kurs der Kanzlerin in Europa gestärkt werde "oder ob er durch eine Bestätigung einer Schuldenregierung auch in Deutschland geschwächt wird". Eine Abwahl von Rot-Grün wäre Rückendeckung für Merkels Europapolitik.

Röttgen sagte, es sei mit der CDU-Chefin abgesprochen, dass die Wahl von ihm so deutlich zum Votum über den Kurs der Bundesregierung gemacht werde. Darauf habe sich auch das CDU-Präsidium am Montag verständigt.

Dieser Darstellung widersprachen Teilnehmer der Sitzung. Röttgen habe am Montag zwar berichtet, dass es in Nordrhein-Westfalen in der Auseinandersetzung mit der rot-grünen Regierung eine ähnliche Zuspitzung wie in Europa auf die Frage "Stabilität oder Schulden" gebe. Es sei aber nie darüber gesprochen worden, dass die Wahl in NRW zu einer Abstimmung über Europa gemacht werden solle - geschweige denn sei dies beschlossen worden. In NRW werde nicht über die Europa-, sondern über die Landespolitik abgestimmt.

Röttgens Einlassung wird in Berlin als Versuch gewertet, die Schuld an der sich abzeichnenden schweren Niederlage auf mehrere Schultern zu verteilen. Gleichzeitig wird befürchtet, dass durch die Verknüpfung mit Merkels Kurs ein schlechtes Wahlergebnis noch stärker der Kanzlerin angelastet werden könnte, als dies eh schon zu erwarten sei.

In den letzten veröffentlichten Umfragen für die Landtagswahl am Sonntag liegt die CDU nur bei 30 bis 31 Prozent. Dies wäre das schlechteste Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte. Bei der Landtagswahl 2010 war die CDU noch auf knapp 35 Prozent gekommen. SPD und Grüne rangieren in den Prognosen derzeit bei 38 und elf Prozent. Dies würde zusammen für eine deutliche absolute Mehrheit der Mandate reichen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1352400
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.05.2012/ros/odg
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.