Landtagswahl in NRW:Röttgen unter Druck

Kopfschütteln in der Union, Häme in der FDP: CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen muss aus dem Regierungslager harsche Kritik dafür einstecken, dass er die Landtagswahl zur Abstimmung über Angela Merkels EU-Sparkurs erklärt hat. Die CDU in NRW überlegt nun schon, wie sie Röttgen wieder loswerden kann.

Bernd Dörries, Düsseldorf

Anstatt in Nordrhein-Westfalen gemeinsam gegen die noch regierende rot-grüne Minderheitsregierung Wahlkampf zu machen, beschimpfen sich die Berliner Koalitionspartner CDU und FDP gegenseitig. "Wie Röttgen auf die Idee kommen konnte, die Landtagswahl zum Test für die Politik der Bundesregierung auszurufen, ist mir schleierhaft", sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel am Mittwoch. Bundesumweltminister Norbert Röttgen hatte eine knappe Woche vor der Landtagswahl am 13. Mai den Urnengang in Nordrhein-Westfalen auch zu einer Abstimmung über die Fiskalpolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel gemacht.

Norbert Röttgen

Norbert Röttgen hat viele Feinde in seiner eigenen Partei.

(Foto: dpa)

Niebel kritisierte zudem, dass Röttgen sich weiter weigere, auch nach einer Wahlniederlage der CDU als Oppositionschef in Nordrhein-Westfalen zu bleiben. "Röttgen ist unser bester Wahlkämpfer. Sein Zögern und Zaudern in der Frage, was er nach der Wahl macht, treibt die Wähler von der CDU zur FDP. Christian Lindners Beispiel zeigt, dass es honoriert wird, wenn man sich klar zu NRW bekennt", sagte Niebel Spiegel-Online. Die CDU liegt in Umfragen derzeit bei lediglich 31 Prozent, was ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte bedeuten würde. Während die Union seit dem Antritt von Röttgen als Spitzenkandidat weiter an Boden verlor, konnte Linder die Umfrageergebnisse der Liberalen im Schnitt auf sechs Prozent verdoppeln.

Röttgen hatte am Dienstag gesagt, ein gutes Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen "stärke auch Bundeskanzlerin Angela Merkel den Rücken". In Berliner CDU-Parteikreisen wurde dies aber nicht als letzter Versuch gewertet, die bürgerlichen Wähler zu mobilisieren - vielmehr warfen mehrere führende CDU-Politiker Röttgen vor, die sich abzeichnende Wahlniederlage Angela Merkel in die Schuhe schieben zu wollen. Der Konflikt zeigt auch, wie groß das Misstrauen und auch die Feindschaft vieler CDU-Politiker gegenüber Röttgen sind.

Unter 30 Prozent wären kritisch

Parteifreunde aus seinem Landesverband versuchten am Mittwoch aber, den Bundesumweltminister in Schutz zu nehmen. "Das steht alles in der Kontinuität des Wahlkampfes, wie wir in bereits seit Wochen führen", sagte ein führendes CDU-Mitglied. Die Landtagswahl sei auch eine Entscheidung darüber, ob es Rückendeckung gebe für die Sparpolitik von Angela Merkel. "Oder ob wir den Marsch in den Verschuldungsstaat antreten."

Ein anderes Mitglied des Parteivorstandes sagte, er könne die Aufregung über die zugespitzten Worte von Röttgen nicht verstehen. Sowohl der Spitzenkandidat als auch die Bundeskanzlerin hätten sich bei mehreren gemeinsamen Veranstaltungen in der Vergangenheit entsprechend geäußert, zuletzt bei einem gemeinsamen Auftritt in Paderborn am Montagabend. "Daran zu denken, er wolle die Wahlniederlage auf Angela Merkel schieben, darauf wäre ich nicht gekommen", sagte auch ein weiteres Mitglied des CDU-Präsidiums.

Gleichwohl beginnen in der Landes-CDU bereits die Überlegungen über die Zukunft von Röttgen als Landeschef. Als kritisch gilt ein Wahlergebnis von unter 30 Prozent. "Dann kann nur eine große Koalition Röttgen retten", sagt ein führendes Mitglied. In der Partei herrscht große Unzufriedenheit mit dem Wahlkampf von Röttgen, der kaum Schwung aufnehmen konnte. Röttgen hat die Konsolidierung des Haushaltes zu seinem großen Thema gemacht, selbst aber kaum Sparvorschläge gemacht und die Erhöhung der Pendlerpauschale vorgeschlagen, was das Land viel Geld kosten würde. Viele in der CDU berichten auch über große Abstimmungsprobleme zwischen der CDU-Wahlkampfzentrale in Düsseldorf und dem Ministerbüro von Röttgen in Berlin.

Ein Putsch gegen Röttgen wird aber auch bei einem schlechten Wahlergebnis schwierig werden. Führende Funktionsträger wie Generalsekretär Oliver Wittke und Fraktionschef Karl-Josef Laumann werden den Landesvorsitzenden stützen, ohne den sie ihre Posten verlieren würden. Röttgen-Kritiker setzen darauf, dass Leute wie der aus Nordrhein-Westfalen stammende Staatssekretär Peter Hintze eine Diskussion darüber beginnen, ob es sinnvoll ist, den größten Landesverband weitere fünf Jahre aus Berlin zu steuern.

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