Landtagswahl in NRW:NRW-Farbenlehre - nichts ist unmöglich

Rechnerisch gibt es in NRW vier Koalitions-Optionen. Realistisch aber sind nur zwei. Die Farbenspiele im Schnell-Check.

Thorsten Denkler

Schwarz-Rot

Große Koalition

Die große Koalition hat die höchste Umsetzungswahrscheinlichkeit.

(Foto: Grafik: sueddeutsche.de)

Umsetzungswahrscheinlichkeit: 85 Prozent

Was dafür spricht: vor allem Stabilität. Es ist die einzige Konstellation, die sicher auf fünf Jahre angelegt ist, weil sich beide Seiten ein Scheitern nicht leisten können. Die große Koalition wäre auch aus Sicht der Bundesparteien von Vorteil. Die SPD regiert über den Bundesrat quasi mit. Mit der CDU als Partnerin in Nordrhein-Westfalen könnte eine reine Blockadehaltung vermieden werden, die es sicher geben würde, wenn die Linke mit am Regierungstisch säße. Die CDU dürfte ein herausragendes Interesse an so einem Bündnis haben. Nach Lage der Dinge ist dies die einzige Option, nach der sie den Ministerpräsidenten stellen würde.

Was dagegen spricht: Ein große Koalition ist immer nur der Plan B. Sie wird eingegangen, wenn nichts anderes mehr geht. Demokratiepolitisch ist sie ein Super-Gau: Kleine Parteien kommen in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch vor. Hinzu kommt: Die SPD wäre in dieser Konstellation nur Juniorpartner. Den Unterschied machen genau 6200 Stimmen, die die CDU mehr hat. Juniorpartner zu sein, ist aber nach einem gefühlten Wahlsieg die größtmögliche Niederlage.

Ampel-Koalition

Ampelkoalition (SPD, Grüne und FDP)

Ampel-Koalition

Die Ampel scheitert an der FDP.

(Foto: Grafik: sueddeutsche.de)

Umsetzungswahrscheinlichkeit 10 Prozent

Was dafür spricht: Eigentlich hätten alle beteiligten Parteien etwas davon. Die SPD könnte die Regierungschefin stellen, die Grünen wieder mitregieren, die FDP kann sich als Lagerwechslerin teuer verkaufen und zugleich verhindern, dass die von ihr verhassten Kommunisten von der Linkspartei in NRW Regierungsverantwortung bekommen. Auch inhaltlich gibt es Schnittmengen, wenn auch ein belastbares Regierungsprogramm noch nicht offensichtlich ist.

Was dagegen spricht: Grüne und Liberale wollen nicht. Für FDP-Spitzenkandidat Andreas Pinkwart scheint noch schlimmer als ein Linksbündis eine Koalition mit Parteien zu sein, die sich vorstellen können, mit der Linken zusammenzuarbeiten. Pinkwart will das Regieren also lieber anderen überlassen. In einem Radio-Interview plädierte er für Stabilität - also für eine große Koalition.

"Jamaika-Koalition"

Jamaika-Koalition

Wird eher nicht realisiert: eine Jamaika-Koalition.

(Foto: Grafik: sueddeutsche.de)

Jamaika-Koalition (CDU, FDP und Grüne)

Umsetzungswahrscheinlichkeit: 10 Prozent

Was dafür spricht: Aus Sicht der CDU wäre so ein Bündnis kein Problem. Sie würde auch mit den Grünen alleine koalieren, wenn sich nach dem Wahlergebnis eine schwarz-grüne Mehrheit böte. Die Christdemokraten können also mit beiden. Die Grünen könnten sich in so einem Bündnis - siehe Saarland - maximal teuer verkaufen. Und die NRW-FDP würde in Regierungsverantwortung nicht in der bundespolitischen Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Was dagegen spricht: Das Problem sind diesmal eher die Grünen in NRW. Sie gelten als der linkslastigste unter den grünen Landesverbänden. Mit der FDP verbindet sie nur eine über Jahrzehnte gehegte und mit viel Leidenschaft gepflegte Feindschaft. Die Grünen haben so ein Bündnis ohnehin bereits ausgeschlossen.

Linkslinks-Bündnis

Linkslinks-Bündnis

Wenn es ein Dreierbündnis gibt, dann am ehesten ein Linksbündnis.

(Foto: Grafik: sueddeutsche.de)

Rot-Rot-Grün

Umsetzungswahrscheinlichkeit 55 Prozent

Was dafür spricht: Es ist zunächst einmal die einzige reelle Chance für SPD-Spitzenfrau Hannelore Kraft, Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen zu werden. Sie wird also einiges daran setzen, die Lage zumindest ernsthaft auszuloten. Ein Linksbündnis ist längst überfällig. Mehrfach hat es bei Landtags- und bei einer Bundestagswahl schon rechnerisch linke Mehrheiten gegeben. Ausprobiert wurde es nie. Es wäre also an der Zeit, das Experiment zu wagen. Klappt es, könnte das auch ein erhebliches Signal für die Bundestagwahl 2013 werden. Ein Linksbündnis, das im bevölkerungsreichsten Bundesland erfolgreich regiert, kann auch für den Bund nicht so schlecht sein. Die Angstmacherkampagnen der CDU würden ihr Ziel verfehlen.

Was dagegen spricht: Vor allem die Linken in NRW. Was rechnerisch so einfach wäre, erweist sich bei näherem Hinsehen als Riesenproblem. Mit einer regierungserfahrenen Linken, wie sie im Osten Deutschlands etabliert ist, wäre eine Zusammenarbeit sicher möglich. Aber der zerstrittene Haufen aus Trotzkisten, Marxisten und Fundamentaloppositionellen, der die Linke in NRW prägt, ist selbst aus Sicht führender Berliner Linker nicht regierungsfähig. Eine stabile Koalition wäre etwas anderes. So wegweisend der Erfolg eines Linksbündnisses sein könnte, so vernichtend wäre ein Scheitern. Ein Linksbündnis im Bund wäre dann kaum noch durchsetzbar.

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