Die Konkurrenz ist schon da, als der Bus mit dem übergroßen Konterfei des CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet vor dem Edeka-Supermarkt im Mülheimer Stadtteil Broich zum Stehen kommt. "Wir haben unseren Stand regelmäßig hier", sagt Cem Aydemir.
Der Chef des SPD-Ortsvereins steht unter einem roten Parteisonnenschirm und blickt auf ein gutes Dutzend Christdemokraten, die zehn Meter weiter versuchen, Flyer und Kugelschreiber an die wenigen Nachmittagspassanten zu bringen und ihrem Spitzenkandidaten eine schöne Straßenwahlkampf-Kulisse zu bieten.
Armin Laschet ist gekommen, weil dieser Wahlkreis der Frau gehört, deren Amt er gerade anstrebt: Hannelore Kraft hat hier vor fünf Jahren fast 60 Prozent geholt, und wer Ministerpräsident werden will, muss sich dorthin trauen, wo die Amtsinhaberin stark ist.
Also geht der CDU-Mann hinüber zum SPD-Stand, man grüßt sich freundlich, aber als Aydemir die gute Zusammenarbeit beider Parteien in der örtlichen Bezirksvertretung anspricht, wird es Laschet doch unheimlich: "Das ist im Landtag ganz anders", sagt er. Er weiß wohl, was Wahlkampf von einem Oppositionsführer verlangt: Angriff, nicht Harmonie.
Bei seinem Fernseh-Auftritt will Laschet beweisen, dass er auch angreifen kann
Dass er zu freundlich ist, zu wenig angreift und es darum bei der Wahl am 14. Mai nicht schaffen wird, die SPD-Ministerpräsidentin zu stürzen - solche Vorwürfe hat Laschet ja oft hören und lesen müssen, geäußert gerne auch hinter vorgehaltener Hand in der eigenen Partei.
Als er der Ministerpräsidentin am Dienstagabend der vergangenen Woche in den Fernsehstudios des WDR in Köln-Bocklemünd gegenübersteht, setzt er sein strengstes Gesicht auf, die Stirn in Falten, der Mund schmal. Und er greift an: "Ihr Minister hat nicht gehandelt, Sie halten an ihm fest, Sie finden ihn großartig. Wir finden, dass er zum Sicherheitsrisiko geworden ist", attackiert er Krafts Innenminister Ralf Jäger und dessen Rolle im Fall des Terroristen Anis Amri.
Jägers Rücktritt fordert er nicht, über den Innenminister solle der Wähler entscheiden. Das ist scharf und doch elegant, nachdem Laschet zuvor den Fall ohne viel Rücksicht auf dessen Verästelungen auf den simplen Vorwurf verkürzt hatte, dass "Herr Amri" im Land "mit 14 Identitäten herumlaufen durfte".
Seine Partei unterschätzt ihn noch immer als Merkels Knappe
Solche arg schlichten Botschaften sind sonst nicht seine Sache. Dafür ist er zu klug. Aber sie sollen wohl zeigen, dass er auch die Grätsche kann. In Bedrängnis bringt er Kraft an diesem TV-Abend damit zwar nicht, aber sie ihn umgekehrt genauso wenig.
Mag auch in einer Umfrage des Kölner Stadtanzeigers eine deutliche Mehrheit die Ministerpräsidentin als Siegerin sehen, das Duell endet unentschieden. Für Laschet ein Erfolg - dass er gegen die erfahrene Wahlkämpferin Kraft bestehen könnte, hatten nur wenige erwartet.
Da mag der 56-Jährige Vorsitzender des mächtigsten CDU-Landesverbandes sein, Vize der Bundespartei, Fraktionschef im Landtag - immer noch wird er sogar in der eigenen Partei als Leichtgewicht unterschätzt, als treuer Knappe und Stimme der Kanzlerin, als Mann für die weichen Themen.
Für Generationen, Jugend, Frauen, das, was der SPD-Kanzler Gerhard Schröder "Gedöns" genannt hat, war er bis 2010 als Minister einer schwarz-gelben Landesregierung zuständig. Aber auch für das damals weiche, heute harte Thema Integration.