Die regierende SPD hat die Bürgerschaftswahl in Bremen nach einer ersten ZDF-Hochrechnung klar gewonnen. Die Sozialdemokraten kommen der Hochrechnung zufolge auf 29,9 Prozent (+ 5 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019), die CDU schneidet mit 26,7 Prozent auf dem Niveau der vergangenen Wahlen ab. Die Grünen kommen auf 11,3 Prozent (- 6,1) und verlieren damit deutlich. Die Linke liegt bei 10,9 Prozent (- 0,4).
Die FDP musste zunächst bangen, ob sie in die Bürgerschaft einzieht. Sie lag zunächst bei 5 Prozent, nun bei 5,2 Prozent. "Wir haben unser Hauptziel erreicht, den Wiedereinzug der FDP in die Bürgerschaft", sagte Wolfgang Kubicki der Deutschen Presse-Agentur am Sonntagabend. "Damit hatte noch vor zwei Monaten niemand gerechnet." Der Trend der letzten Landtagswahlen, bei denen die Freien Demokraten ihre Ergebnisse jeweils fast halbiert hätten, sei jedenfalls gebrochen.
Die rechtspopulistische Partei "Bürger in Wut" kommt auf 9,5 Prozent (+ 7,1) der Stimmen. Dabei dürfte sie davon profitieren, dass die AfD nicht zur Bürgerschaftswahl zugelassen wurde. Nach internen Streitigkeiten hatte die AfD zwei konkurrierende Wahllisten eingereicht, keine der beiden wurde zur Wahl zugelassen.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigt sich hochzufrieden mit dem voraussichtlichen Sieg seiner Partei. "Wir sind saustolz auf die SPD in Bremen und Bremerhaven", sagte Kühnert am Sonntagabend nach ersten Prognosen. Man müsse sich nicht für den starken "Personenbonus" von Kandidat Andreas Bovenschulte schämen. Bovenschulte selbst wird mit Jubel in der ständigen Vertretung der SPD nahe am Rathaus begrüßt, als er um 18.12 den Saal betritt. "Wir sind nicht nur wieder die stärkste politische Kraft geworden, wir haben auch wieder einen ganz klaren Regierungsauftrag erhalten", sagt der amtierende und künftige Bürgermeister.
Glückliche "Bürger in Wut" und enttäuschte Grüne
"Superglücklich über das Ergebnis" ist Jan Timke, Spitzenkandidat der "Bürger in Wut" in Bremerhaven. "Das zeigt, dass unsere konservative Politik auf fruchtbaren Boden stößt", sagt er und kündigt eine bundesweite Ausweitung der Partei an. "Das ist hier der Startschuss".
Ernüchtert gezeigt, hat sich hingegen der Grünen-Chef Omid Nouripour. Er nannte das sich abzeichnende Ergebnis für seine Partei enttäuschend. Die Grünen müssten sich anschauen, was man besser machen könne, sagte er. Sie hätten in Bremen eigentlich immer über dem Bundestrend angeschnitten - diesmal jedoch nicht. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter zeigte sich ebenfalls enttäuscht über das schlechte Abschneiden seiner Partei. Er führte es auf "Fehler vor Ort" zurück, wie die Debatte über die "Brötchentaste", aber auch auf fehlenden Rückenwind aus Berlin. "Die Debatten der letzten Zeit um den Heizungstausch und Patrick Graichen waren nicht hilfreich", so Hofreiter.
Bei der Bürgerschaftswahl durften mehr als 462 000 Bremerinnen und Bremer abstimmen. Anders als in den anderen Bundesländern wird dort alle vier Jahre das Landesparlament gewählt. Bei der letzten Wahl 2019 wurde zum ersten Mal in der Nachkriegszeit die CDU stärkste Kraft. Weil die Grünen aber lieber mit SPD und Linken koalieren wollten, mussten die Christdemokraten in die Opposition - und SPD-Mann Andreas Bovenschulte wurde Chef einer Rot-rot-grünen Koalition.
Viele Besonderheiten im Bremer Wahlsystem machen die Auszählung langwierig. Deshalb veröffentlicht die Landeswahlleitung nach der Prognose am Abend des Wahlsonntags für die Bürgerschaft nur eine amtliche Hochrechnung, gestützt auf 95 Stimmbezirke. Aller Erfahrung nach liegt diese Hochrechnung aber eng am vorläufigen amtlichen Endergebnis, das nach vollständiger Auszählung wenige Tage später feststeht.