Landtagswahl in Brandenburg:Was Sie über die Spitzenkandidaten wissen sollten

An diesem Sonntag wählt Brandenburg einen neuen Landtag. Noch ist nicht absehbar, wer als Ministerpräsident mit welcher Koalition regieren wird. Die Kandidaten im Überblick.

Von Camilla Kohrs

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SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke

Landtagswahl Brandenburg - Dietmar Woidke

Quelle: dpa

Noch ist Dietmar Woidke Ministerpräsident, und er hat sich vorgenommen, die dominante Stellung der SPD zu verteidigen. Seit 1990 stellen die Sozialdemokraten durchgehend den Regierungschef in Brandenburg, seit August 2013 hat Woidke das Amt inne. Nun blickt seine Partei ihrem schlechtesten Ergebnis entgegen. Ob die SPD nach der Wahl den Ministerpräsidenten noch einmal stellen kann, ist ungewiss.

In einem Interview sagte Woidke, er rechne mit einem klar besseren Ergebnis als die Umfragen prophezeien, in denen die SPD zuletzt sogar etwas aufgeholt hatte. Einer Umfrage zufolge, die die Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF gemacht hat, lag sie bei etwa 21 Prozent. Das könnte reichen, um knapp stärkste Kraft zu werden.

Ein wichtiges Thema für den promovierten Agraringenieur Woidke, der auch schon Umwelt- und Agrarminister sowie Innenminister war, ist der Strukturwandel in der Lausitz. In der rbb-Wahlarena sprach er sich für einen "stufenweisen Ausstieg" aus der Braunkohleverstromung dort aus. "Wir leben, auch hier im Studio, vom Strom aus der Lausitz, das sollten wir nicht vergessen", sagt 57-Jährige. Gleichzeitig müsse das Bundesland "Stück für Stück klimaneutraler werden."

In der Diskussion um den Vorsitz der Bundes-SPD unterstützt Woidke die Kandidatur von Klara Geywitz aus seinem Landesverband. Geywitz kandidiert gemeinsam mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

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CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben

rbb 'Wahlarena' vor der Landtagswahl in Brandenburg

Quelle: Monika Skolimowska/dpa

Ingo Senftleben versteht sich als Modernisierer der Partei. Der 45-Jährige sieht am meisten Gemeinsamkeiten mit den Grünen. Er hat auch der Linken nicht nur Gespräche, sondern eine gemeinsame Regierungsarbeit angeboten. Seine Partei ist auf mehrere Koalitionspartner angewiesen, denn die CDU liegt in den Prognosen bei 17 bis 18 Prozent.

Zum wichtigsten Gegner im Wahlkampf hat Senftleben den SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke erklärt. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt er rigoros aus. Außerdem will er, dass die Parteibasis über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmt.

Senftleben spricht sich klar für ein Ende des Braunkohleverstromung 2038 aus. Außerdem soll in der Lausitz kein weiteres Dorf mehr für den Braunkohleabbau abgerissen werden. "Wir haben in hundert Jahren hundert Dörfer verloren", sagte er in der rbb-Wahlarena. "Und jetzt müssen die Menschen in der Lausitz die Sicherheit haben, dass sie in ihrer Heimat bleiben dürfen."

Senftleben ist seit vier Jahren Landesvorsitzender der CDU in Brandenburg. Trotzdem halten ihn in seiner Partei nicht alle für einen geeigneten Spitzenkandidaten. Obwohl es keinen Gegenkandidaten gab, stimmten Mitte Juni nur 69,5 Prozent der Delegierten für ihn. Der gelernte Maurer positioniert sich offen gegen die große Koalition auf Bundesebene. Er gehe davon aus, dass die GroKo das Jahr 2019 nicht überleben wird, sagte er in einem Interview mit den Potsdamer Neuesten Nachrichten.

Um Stimmung für sich zu machen, veröffentlichte Senftleben einen Song, den viele doch eher als peinlich bewerten. "Wer würde fürs Land alles geben? Ingo Senftleben. Mit wem kann man auch mal einen heben? Ingo Senftleben", heißt es in dem Lied, das der Spitzenkandidat auf Facebook postete.

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AfD-Spitzenkandidat Andreas Kalbitz

AfD Campaigns In Brandenburg

Quelle: Getty Images

Andreas Kalbitz ist gebürtiger Münchner und war früher CSU-Mitglied. 2013 trat er in die AfD ein und zog 2014 in den Brandenburger Landtag. Von Alexander Gauland, seinem politischen "Ziehvater", übernahm er 2017 den Landesvorsitz, später auch den Posten als Fraktionschef. Der 46-Jährige gehört in der AfD zum radikalen Flügel um den thüringischen Landessprecher Björn Höcke. Nun könnte es dazu kommen, dass er die stärkste Fraktion im Landtag anführt. Die Prognosen sehen die AfD bei etwa 20 Prozent - etwa gleichauf mit der SPD.

In einer Diskussionsrunde am 19. August nannte Kalbitz einen Schüler, "verblendet durch die Dauerrotlichtbestrahlung", die der Schüler angeblich an seiner Schule erhalte. Der Jugendliche hatte ihn zuvor gefragt, was er von Höcke halte, der "ziemlich offen ein Nazi sei". Einen Tag später in der rbb-Wahlarena gab er sich deutlich moderater. Dort warb er für einen Kohleausstieg "mit Augenmaß". "Auch wir wissen, dass fossile Rohstoffe endlich sind", sagte er. "Aber die Frage ist: Wie schaffen wir einen Strukturwandel statt einen Strukturbruch?"

Im Wahlprogramm stellt sich der AfD-Landesverband gegen eine multikulturelle Gesellschaft und fordert eine Familienpolitik, die eine höhere Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung fördern soll. Kalbitz wirbt im Wahlkampf mit Sprüchen wie "Vollende die Wende". Mehr als 100 frühere DDR-Oppositionelle warfen der Partei auch deswegen vor, sie missbrauche das Erbe der friedlichen Revolution und eigne sie sich an.

Der ehemalige Fallschirmjäger nahm 2007 an einem Pfingstcamp der rechtsextremen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) teil. Später führte er den rechtsextremen Verein "Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit", den der Ex-SS-Hauptsturmführer und NPD-Funktionär Waldemar Schütz mitbegründet hatte. Nachdem dies 2015 bekannt wurde, legte Kalbitz den Vereinsvorsitz nieder.

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Grüne-Spitzenkandidaten Ursula Nonnemacher und Benjamin Raschke

Benjamin Raschke und Ursula Nonnemacher

Quelle: dpa

Ursula Nonnemacher wäre bereit, nach einem Wahlerfolg auch das Amt der Ministerpräsidentin zu übernehmen. Die Umfragen sehen die Grünen allerdings bei 14 bis 17 Prozent, das wäre das beste Ergebnis der Grünen in Brandenburg, würde aber vielleicht nicht reichen für ein besseres Ergebnis als die CDU.

Nonnemachers Positionen sind klar: In der rbb-Wahlarena warb sie für ein Zuwanderungsgesetz, denn es wäre kontraproduktiv, gut integrierte Menschen abzuschieben. Und sie betonte die Notwendigkeit guter Klimapolitik. Das sei keine Panikmache, sondern die Übernahme von Verantwortung, antwortete sie auf den Kommentar eines Zuschauers.

Die gelernte Ärztin aus Wiesbaden ist seit 1997 Mitglied der Grünen und war zu Beginn vor allem auf lokaler Ebene aktiv. Seit 2009 sitzt die 62-Jährige im Landtag und war bereits 2014 Spitzenkandidatin der Partei. Sie setzt sich vor allem für einen früheren Kohleausstieg ein. Nonnemacher ist offen für eine mögliche Koalition mit der CDU - die SPD sieht sie nicht automatisch als erste Wahl.

Ihr Co-Spitzenkandidat Benjamin Raschke setzt sich vor allem für die Themen Insektenschutz, artgerechte Tierhaltung, ökologischer Landbau, sauberes Wasser in den Flüssen, das Ende der Tagebaue in seiner Heimat und die Renaturierung ein. Er hat in Konstanz am Bodensee Politik, Philosophie und Jura studiert und kehrte danach zurück nach Brandenburg, in die Lausitz. Der 36-Jährige macht dort "Pionierarbeit", wie er sagt. Raschke ist einer der Landtagsabgeordneten mit den meisten Anfragen an die Landesregierung.

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Linke-Spitzenkandidaten Sebastian Walter und Kathrin Dannenberg

Sebastian Walter und Kathrin Dannenberg

Quelle: dpa

Die Linke regiert seit zehn Jahren als Juniorkoalitionspartner in Brandenburg mit. Bei der Landtagswahl 2014 verlor sie allerdings bereits mehr als acht Prozentpunkte, aktuelle Umfragen prognostizieren auch für diese Wahl einen Stimmenverlust. Dort lagen sie zuletzt bei 14 bis 16 Prozent.

Spitzenkandidatin Kathrin Dannenberg war 24 Jahre lang Lehrerin und setzt sich heute für einen gerechteren Zugang zur Bildung sowie gegen Kinderarmut ein. Kitas sollten beitragsfrei werden, fordert sie. Die 52-Jährige erhielt im Jahr 2010 den Deutschen Lehrerpreis. Mit der AfD will Dannenberg auf keinen Fall reden, aber sonst mit jeder Partei. Eine Koalition mit der CDU könne sie sich jedoch nicht vorstellen, sagt sie.

Der Zweite im Duo, Sebastian Walter, ist mit 29 Jahren der jüngste unter den Bewerbern. Seine Politik-Karriere begann Walter als 14-Jähriger in der Linksjugend. Mit 22 Jahren wurde er der bisher jüngste stellvertretende Vorsitzende eines Linke-Kreisverbandes im Land. Zu Walters Themen zählen Löhne und Arbeitsbedingungen, er setzt sich gegen Diskriminierung und Rassismus ein. Der 29-Jährige aus Eberswalde arbeitet als Kellner und studiert auf Lehramt in Potsdam. Seit vergangenem Jahr ist er Mitglied des Landesvorstandes der Partei.

Seine Partei wolle sich als "Stimme des Ostens" für gleichwertige Lebensbedingungen einsetzen, sagt Walter. Er wünscht sich ein Regierungsbündnis mit der SPD und den Grünen.

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FDP-Spitzenkandidat Hans-Peter Goetz

Landtagswahl Brandenburg - Hans-Peter Goetz

Quelle: dpa

Hans-Peter Goetz ist ein altbekanntes Gesicht in der Brandenburger Landespolitik, obwohl er nach der Landtagswahl 2014, als die Liberalen aus dem Landtag flogen, lange von der politischen Bühne verschwunden war.

Im Jahr 2009 hatte er die FDP mit 7,2 Prozent in den Landtag gebracht. Dieses Spitzenergebnis möchte er diesmal möglichst noch toppen. Folgt man den Umfragen, ist das sehr ambitioniert. Dort liegt die FDP bei fünf Prozent, würde also überhaupt nur knapp in den Landtag einziehen können.

Inhaltliche Schnittmengen sieht der Rechtsanwalt mit SPD, CDU und Grünen. In der rbb-Wahlarena sprach er sich für eine "Willkommenskultur" für Asylberechtigte, aber auch für eine "Verabschiedungskultur" aus. "Nicht politisch Verfolgte, etwa aus Marokko, müssen dann auch wieder zurück in ihre Heimat", sagte Goetz. Zudem forderte er "clevere" Lösungen für die Lausitz, die Vorbild für die Nachbarn sein könnten. Es bringe nichts, Kohlekraftwerke abzustellen, wenn in Polen neue gebaut werden würden.

© SZ.de, dpa, cck/mcs
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