Die SPD hat die Landtagswahl in Brandenburg gewonnen. Nach dem vorläufigen Endergebnis landete die Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke bei 30,9 Prozent und damit knapp vor der AfD, die auf 29,2 Prozent kam. Die CDU hingegen, die vor einigen Wochen noch gleichauf mit den Sozialdemokraten lag, erzielte mit 12,1 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte in Brandenburg. Sie kann damit nicht an die Erfolge anknüpfen, die sie Anfang September bei den Landtagswahlen in Sachsen (Platz eins) und Thüringen (Platz zwei) erzielte. Dies lässt sich auch als Niederlage für den kürzlich zum Kanzlerkandidaten ausgerufenen CDU-Chef Friedrich Merz werten. Das erst vor wenigen Monaten gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht landete mit 13,5 Prozent noch vor der CDU.
Die Grünen sind nicht mehr im Landtag vertreten, sie kamen auf 4,1 Prozent. 2019 hatte die Partei in Brandenburg noch 10,8 Prozent erzielt und zusammen mit SPD und CDU die bisherige Regierung gestellt. Ebenfalls nicht im neuen Parlament vertreten sind die FDP, die Linke und die Freien Wähler.
Woidke spricht von einer „Aufholjagd“
Mit dem guten Ergebnis – die SPD konnte im Vergleich zu 2019 knapp fünf Prozentpunkte hinzugewinnen – hat Ministerpräsident Woidke sein Ziel erreicht. Er hatte die Abstimmung zu einer Art Schicksalswahl zugespitzt. Es gehe darum, zu verhindern, dass die in Teilen rechtsextreme AfD stärkste Partei werde. An dieses Ziel knüpfte Woidke auch seine eigene politische Karriere: Er hatte vor der Wahl angekündigt, nur dann Ministerpräsident bleiben zu wollen, wenn die SPD vor der AfD lande. Nun will er zuerst mit der CDU über eine künftige Landesregierung sprechen – auch wenn noch unklar war, ob die beiden Parteien gemeinsam auf eine Mehrheit kommen. Den Wahlkampf der SPD lobte Woidke als eine „Aufholjagd, wie es sie in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben hat“.
Woidkes Zuspitzung – er oder die AfD – dürfte sich auch positiv auf die Wahlbeteiligung ausgewirkt haben. Sie lag bei 72,9 Prozent und damit deutlich höher als bei der Landtagswahl 2019, als 61,3 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt hatten.
Die Landtagswahl wird auch im politischen Berlin nachhallen. Insbesondere für die Kanzlerpartei SPD ist das Ergebnis von größter Bedeutung; sie hat seit der Wende durchgehend in Potsdam regiert. Zuletzt hatten die Sozialdemokraten zahlreiche Niederlagen erlitten: Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Anfang September landeten sie nur knapp oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde, bei der Europawahl im Mai erzielten sie mit 13,9 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.
Diese Serie von Niederlagen hatte – gepaart mit schlechten Umfragewerten im Bund und dem Dauerstreit in der Ampelkoalition – zuletzt den Druck auf Kanzler Olaf Scholz wachsen lassen. Inner- wie außerhalb der SPD wird darüber diskutiert, ob Scholz tatsächlich der richtige Kanzlerkandidat für die nächste Bundestagswahl ist oder ob er dem in der Bevölkerung deutlich beliebteren Verteidigungsminister Boris Pistorius den Vortritt lassen sollte.
Das Ergebnis wird Auswirkungen in Berlin haben
Der Erfolg bei der Wahl in Brandenburg dürfte zumindest eine Verschnaufpause für den umstrittenen Kanzler bedeuten. „Ist doch super, dass wir gewonnen haben“, sagte Scholz am Rande des UN-Gipfels in New York. Parteichef Lars Klingbeil versicherte beim TV-Sender Phoenix: „Wir wollen mit Olaf Scholz in die Bundestagswahl gehen. Da sind wir sehr klar.“ CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann beklagte eine „bittere Niederlage“ für seine Partei. Linken-Chefin Janine Wissler, deren Partei erstmals den Einzug in einen ostdeutschen Landtag verpasste, sprach von einer „Zäsur“.
Die schwachen Ergebnisse der Grünen und der FDP dürften den Betrieb in der Bundesregierung weiter verkomplizieren und zusätzliche Unruhe auslösen. Der Ampelkoalition stehen ohnehin schwierige Monate bevor. Rund um die anstehenden Entscheidungen zum Bundeshaushalt und beim geplanten Rentenpaket droht neuer Streit insbesondere zwischen Sozialdemokraten und FDP; die Liberalen setzten sich zuletzt wohl auch angesichts schlechter Umfragewerte immer deutlicher von SPD und Grünen ab. Ein Koalitionsbruch gilt als möglich. Sollte eine Einigung etwa beim Haushalt nicht zustande kommen, könnte sich Scholz gezwungen sehen, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen.
Aus der Unbeliebtheit der Ampelregierung im Bund hatte Brandenburgs amtierender Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Woidke im Wahlkampf Konsequenzen gezogen. Gemeinsame Auftritte mit Scholz lehnte er ab, und er betonte vielfach, die Landtagswahl sei kein Votum über die Bundespolitik.