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Landtag - Wiesbaden:Staatsrechtler: Mit Reform demokratischen Supergau vermeiden

Wiesbaden (dpa/lhe) - Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim hält eine unverzügliche Reform des hessischen Wahlrechts für dringend erforderlich. Hessen habe wegen zahlreicher Überhang- und Ausgleichsmandate nach der Landtagswahl mit 27 zusätzlichen Abgeordneten den bundesweit größten Zuwachs unter allen Parlamenten bekommen, sagte der pensionierte Professor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. "Da diese zusätzlichen Mandate auch darüber entschieden haben, wer letztlich die Mehrheit im Land bekommen hat, ist in Hessen ein demokratischer Supergau eingetreten."

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim hält eine unverzügliche Reform des hessischen Wahlrechts für dringend erforderlich. Hessen habe wegen zahlreicher Überhang- und Ausgleichsmandate nach der Landtagswahl mit 27 zusätzlichen Abgeordneten den bundesweit größten Zuwachs unter allen Parlamenten bekommen, sagte der pensionierte Professor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. "Da diese zusätzlichen Mandate auch darüber entschieden haben, wer letztlich die Mehrheit im Land bekommen hat, ist in Hessen ein demokratischer Supergau eingetreten."

Ohne diese Extra-Mandate hätte es ein Patt zwischen Schwarz-Grün und den übrigen Fraktionen gegeben, erklärte der Experte. Die Regierungsparteien haben zusammen 14 Mandate mehr bekommen, die Opposition 13. "Dieses eine Mandat mehr hat Schwarz-Grün die Einstimmenmehrheit beschert, mit der nun regiert wird", sagte von Arnim.

Der Landtag ist von 110 auf 137 Abgeordnete angewachsen und habe sich damit um 24,5 Prozent vergrößert - stärker sogar als der Bundestag, der nach der Wahl von 2017 seine Normalgröße um 18,6 Prozent überschritten hat. Hinzu komme, dass der viel zu große Wiesbadener Landtag unnötig viel Steuergeld koste und es ihm erschwert werde, seine Funktionen zu erfüllen, kritisierte der Staatsrechtler. Zudem sei das Wahlrecht so kompliziert geworden, dass der Wähler oft gar nicht mehr durchschaut, was seine beiden Stimmen bewirken.

In der Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen heiße es, beide Parteien wollten "das Vertrauen in die Demokratie festigen und die Weichen in Hessen für die Zukunft richtig stellen", sagte der Staatsrechtler. Wenn das Wahlrecht aber derart "verrückte Ergebnisse" hervorbringe, müssten Landtag und Regierung bald die Weichen stellen, dass das bei der nächsten Wahl nicht wieder vorkommen könne. "Sonst wird das der Demokratie und dem Vertrauen in die Politik schwer schaden", mahnte von Arnim.

Es müsse unverzüglich und öffentlich nachvollziehbar eine Reform des Wahlrechts in Angriff genommen werden, um sicherzustellen, dass der Wiesbadener Landtag bei der nächsten Wahl wieder seine Normalgröße von 110 Abgeordneten erreicht, betonte der Experte. Damit werde auch verhindert, dass Ausgleichs- und Überhangmandate wieder zum Zünglein an der Waage werden können. Der Landtag dürfe auf keinen Fall den Eindruck erwecken, er wolle die erforderlichen Änderungen des Wahlrechts aus Eigeninteresse seiner Mitglieder verschleppen. "Dieser übergroße Landtag und die unverdiente Mehrheit sind alles andere als eine Werbung für die Demokratie."

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