Landtag - Wiesbaden:Rechtsextreme Chats: Opposition fordert Rücktritt von Beuth

Deutschland
Peter Beuth (CDU), hessischer Innenminister, spricht. Foto: Boris Roessler/dpa (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Die Ermittlungen gegen hessische Polizisten wegen rechtsextremer Chats bringen Innenminister Peter Beuth (CDU) in Bedrängnis. Vertreter der Landtagsopposition haben den CDU-Politiker am Donnerstag zum Rücktritt aufgefordert. Beuth sei als Minister untragbar und für die Aufklärung der Fälle ungeeignet, sagte die Vorsitzende der Linksfraktion, Janine Wissler, am Donnerstag in Wiesbaden. Deshalb müsse er zurücktreten. Die Polizei habe ein Führungsproblem.

Man müsse davon ausgehen, dass es rechtsextreme Netzwerke innerhalb der Polizei gebe, sagte Wissler. Mit einem "Gerede von Einzelfällen" verharmlose der Minister das Problem. "Rechtsradikale in Uniform sind ein Sicherheitsrisiko", betonte Wissler.

Der Innenminister hatte vor wenigen Tagen das Spezialeinsatzkommando (SEK) des Frankfurter Polizeipräsidiums wegen rechtsextremer Äußerungen von Polizisten in Chatgruppen aufgelöst. Beuth hatte am Dienstag im Innenausschuss von insgesamt 49 aktiven Beamten gesprochen, die an den Chats teilgenommen hätten. Zuvor waren zunächst strafrechtliche Vorwürfe gegen 18 aktive SEK-Angehörige des Polizeipräsidiums Frankfurt bekannt geworden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph, sagte an die Adresse des Innenministers: "Nehmen Sie Ihren Hut." Das Problem von Rechtsextremismus innerhalb der Polizei müsse gelöst werden - und ein Teil des Problems sei der Innenminister. Für die Fälle sei schließlich nicht der Hausmeister im Polizeipräsidium verantwortlich. "Der Innenminister ist seit über sieben Jahren im Amt. Er trägt die politische Verantwortung für alles, was innerhalb seines Zuständigkeitsbereiches geschieht", erklärte Rudolph.

Anders als von Beuth ursprünglich behauptet, gehe es bei den aktuellen Ermittlungen nicht nur um Beamte aus dem Bereich des SEK Frankfurt, monierte der SPD-Vertreter. "Es waren auch Beamte beim Landeskriminalamt, bei Polizeipräsidien und sogar beim Landespolizeipräsidium beteiligt - also einer Abteilung des Innenministeriums."

Der FDP-Innenexperte Stefan Müller formulierte etwas vorsichtiger und erklärte: "Wir müssen uns daher fragen, ob Herr Beuth dem Amt des Innenministers noch gewachsen ist." Auch der Minister könne nicht mehr leugnen, dass es ein rechtes Netzwerk innerhalb der hessischen Polizei gebe. "Und er lebt immer noch nicht die Fehlerkultur vor, die er von seinen Mitarbeitern einfordert", kritisierte Müller.

Beuth wies die Vorwürfe zurück. Er handele verantwortlich, da er sich für eine konsequente Ahndung von Fehlverhalten und eine neue Fehlerkultur einsetze. Für die Vorfälle seien einzelne Beamte verantwortlich, erwachsene Menschen, betonte Beuth und verwies auf die eigens eingerichtete Expertenkommission, die ihre Ergebnisse in vier Wochen vorstellen werde.

Der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Klaus Herrmann, warf der Linken vor, die hessische Polizei zu diffamieren und den Eindruck zu erwecken, von dieser gehe ein Problem für die Innere Sicherheit aus. "Niemand bestreitet, dass es bei der Polizei Verfehlungen gab", sagte Herrmann. "Aber sie werden von linker Seite zu Skandalen aufgebauscht." Es handele sich um Fehlverhalten Einzelner oder von wenigen Beamten, deren Fehler von den Behörden erkannt worden seien. "Die vielen unbescholtenen Beamten dürfen dabei nicht durch Mutmaßungen und Unterstellungen in Mithaftung genommen werden."

Die Grünen-Innenexpertin Eva Goldbach sagte, es gebe ein Problem mit Rechtsextremismus in der Polizei. Sie rief aber dazu auf, einen "kühlen Kopf zu bewahren". Goldbach betonte: "Die allermeisten Polizistinnen und Polizisten in Hessen machen einen tadellosen und einwandfreien Job."

© dpa-infocom, dpa:210617-99-29672/3

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