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Landtag - Wiesbaden:Bouffier: "Antisemitismus ist eine Schande für unser Land"

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat Antisemitismus als "eine Schande für unser Land" bezeichnet. Ziel müsse es sein, dass Mitbürger jüdischen Glaubens ohne Angst in Deutschland leben können, forderte er am Mittwoch im Landtag in Wiesbaden. Kurz nach dem Terroranschlag von Halle habe er gemeinsam mit den Kabinettskollegen Vertreter der jüdischen Gemeinden zu einem Gespräch gebeten. Dabei sei deutlich geworden, dass Glaubensbrüder und -schwestern sich nicht sicher fühlen.

Mit großer Mehrheit verabschiedete der Landtag einen gemeinsamen Antrag von CDU, Grünen, SPD und FDP gegen "Hass, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Angriffe auf die Menschenwürde". Das Parlament zeigte sich "zutiefst bestürzt über die Ereignisse von Halle, bei denen zwei Menschen getötet wurden und eine Vielzahl weiterer Menschen einem Anschlag nur knapp entkommen ist".

Am 9. Oktober hatte ein Deutscher schwer bewaffnet versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Als sein Plan misslang, erschoss er auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau und kurz darauf den 20-Jährigen in einem Döner-Imbiss. Der 27-jährige Täter ist in Untersuchungshaft und gibt ein rechtsextremistisches, antisemitisches Motiv zu.

Bouffier forderte die AfD-Fraktion auf, sich vom AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und dessen Denkmal-Zitat zu distanzieren. "Es ist eine Schande, dass so etwas unwidersprochen bleibt von einer Partei, die wir im Parlament haben", sagte der Ministerpräsident. Höcke hatte 2017 unter anderem mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin gesagt: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat."

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Robert Lambrou erklärte, er habe in einem Interview im Mai 2017 gesagt, "dass ich das Mahnmal für angemessen halte - und auch das ist in der AfD möglich". Es sei klar, dass alle gegen Antisemitismus seien. "Was wir nicht tun sollten ist, das Thema zu instrumentalisieren. Und dieser Versuchung haben Sie mal wieder nicht widerstehen können - und das finden wir von der AfD schade", sagte Lambrou mit Blick auf Bouffier.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser sagte: "Niemand kann mehr bestreiten, dass wir ein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus in Deutschland haben." Und die Tat in Halle habe gezeigt: Jeder und jede kann zum Opfer werden. Faeser warf der AfD-Fraktion vor, durch "Zweideutigkeit und offene Toleranz gegenüber Rechtsextremen, Antisemiten und rechtem Gedankengut" wichtige Grenzen in der Gesellschaft bewusst zu verschieben. "Es ist die Verrohung der Sprache und die Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas, die unmittelbar zu diesem rechtsextremistischen Täter in Halle geführt haben."

Auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Mathias Wagner, betonte: "Wir alle stehen in der Verantwortung, der Verrohung des gesellschaftlichen Klimas entschlossen entgegen zu treten. Denn aus rechtsextremen Worten können rechtsextreme Taten werden." Der FDP-Fraktionsvorsitzende René Rock sagte: "Antisemitismus tritt wieder vermehrt an die Öffentlichkeit und findet nicht mehr im Verborgenen statt." Dabei helfe den Tätern die Anonymität der sozialen Medien. Nach den Worten der Vorsitzenden der Linksfraktion, Janine Wissler, beschränkt sich Antisemitismus nicht auf die extreme Rechte, sondern sei "in nicht geringen Teilen der Bevölkerung" salonfähig.

Der AfD-Abgeordnete Dimitri Schulz, der sich in der Bundesvereinigung "Juden in der AfD" engagiert, erklärte, die größte Gefahr für Juden in Deutschland stelle heute der Antisemitismus dar, der von Muslimen ausgehe.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Boddenberg erinnerte daran, dass Hessen als erstes deutsches Land 1986 seine Beziehungen zu den jüdischen Gemeinden in Staatsverträgen geregelt habe. Zudem sei unter anderem das Amt des Antisemitismusbeauftragten geschaffen worden. "Das Land Hessen steht seit vielen Jahren an der Seite der jüdischen Gemeinden."

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