Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holstein will im Krankenhausbereich verstärkt mit Hamburg zusammenarbeiten. Einem Vorstoß Hamburgs für eine gemeinsame Finanzierung der Krankenhauskosten erteilte Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken im Landtag in Kiel am Donnerstag aber eine klare Absage. Bei Investitionskosten sei sie ausgesprochen zurückhaltend und wolle keine gemeinsame Investitionskostenfinanzierung voranbringen, sagte die CDU-Politikerin. Dies liege auch an unterschiedlichen Finanzierungssystemen in beiden Ländern.
Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) hatte gefordert, dass sich die Nachbarländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein an den Klinik-Investitionen in der Hansestadt beteiligen. Denn nur knapp zwei Drittel (65 Prozent) der stationär in den Krankenhäusern der Stadt behandelten Patientinnen und Patienten kämen aus Hamburg, aber auch 20 Prozent aus Schleswig-Holstein, 10 Prozent aus Niedersachsen sowie aus anderen Bundesländern.
Von der Decken betonte, beide Länder seien in der Gesundheitsversorgung eng miteinander verbunden. „Das gilt auch für den stationären Bereich - insbesondere in den grenznahen Gebieten. Viele Schleswig-Holsteiner lassen sich in Hamburger Krankenhäusern behandeln.“ Aber das gelte auch in umgekehrter Richtung. Ein gutes Beispiel sei die LungenClinic Großhansdorf: „Ungefähr die Hälfte der Patientinnen und Patienten kommt aus Hamburg.“ Beide Länder profitierten voneinander.
Was fordern die Fraktionen im Landtag?
Von der Deckens Vorgänger Heiner Garg (FDP) forderte eine strukturierte Zusammenarbeit beider Länder bei der Krankenhausplanung. „Wir haben nämlich Kapazitäten, die die Hamburger auch dringend brauchen.“ Die Hansestadt sei dringend auf Reha-Kapazitäten in Schleswig-Holstein angewiesen. Andererseits nutzten Patientinnen und Patienten Einrichtungen in Hamburg zur Behandlung. Angesichts der geplanten großen Krankenhausreform sei eine gemeinsame Planung beider Länder dringend notwendig, bei der die Rollen beider Länder klar verteilt würden.
Die SPD-Gesundheitspolitikerin Birte Pauls betonte, Schmerzen machten vor Landesgrenzen keinen Halt. Der größte Teil der auswärtigen Patienten in Hamburg sei 2021 aus Schleswig-Holstein gekommen. Deutlich weniger Hamburgerinnen und Hamburger hätten hingegen medizinische Angebote im nördlichen Nachbarland genutzt. Pauls verwies auf den Investitionsstau im Land bei den Krankenhäusern in Höhe von mehr als 800 Millionen Euro. Sie erwarte eine sehr intensive Diskussion mit der Hansestadt bei der Krankenhausplanung.
Auch ihr Grünen-Kollege Jasper Balke betonte, „die Versorgung macht nicht an Ländergrenzen Halt“. Die Koalition wolle Doppelstrukturen abbauen und Gespräche mit der Hansestadt führen. „Wir haben nicht das Geld, um uns Doppelstrukturen in zwei Ländern zu erhalten.“ Das sei nicht zu leisten und ergebe auch keinen Sinn. Der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer mahnte, dass den Menschen im Zuge der Krankenhausreform keine uneingeschränkt weiten Wege zum nächsten Krankenhaus zuzumuten seien. „Vor allem in der Geburtshilfe haben wir das bereits hinlänglich diskutiert, aber auch in anderen Bereichen spielt das eine Rolle.“ Deshalb müsse die Planung künftig größer und gemeinsam mit dem Nachbarland gefasst werden.
Was plant der Bund?
Nach Angaben von der Deckens hatten sich Schleswig-Holstein und Hamburg einvernehmlich verständigt, die seit 1989 in Teilen gemeinsame Krankenhausplanung zu beenden. Die gemeinsame Krankenhausplanung habe bei damals anstehenden Investitionen in Heidberg und Großhansdorf zunehmend Probleme bereitet. „Es besteht aber weiterhin ein guter Austausch mit Hamburg.“ So gebe es Kooperationen zwischen schleswig-holsteinischen Krankenhäusern und Krankenhäusern in Hamburg.
Vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Reformpläne sollen finanziellen Druck für die Kliniken mindern und einheitliche Qualitätsregeln verankern. Dafür soll die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte „Leistungsgruppen“ sein, die auch Mindestvoraussetzungen festlegen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will zudem einen „Transformationsfonds“ von bis zu 50 Milliarden Euro einrichten, der zur Hälfte aus Mitteln der gesetzlichen Kassen sowie von den Ländern gespeist werden soll.
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