Erfurt (dpa/th) - Das Tauziehen um den Thüringer Landesetat 2024 geht in die entscheidende Phase. Vom Ergebnis des Treffens von CDU-Fraktionschef Mario Voigt und Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) an diesem Freitag hängt nach Meinung von Haushaltspolitikern ab, ob es kurz vor Weihnachten einen Kompromisshaushalt für das Wahljahr 2024 gibt oder dem Landtag in der kommenden Woche ein riskantes Verfahren mit einem möglicherweise nicht verfassungsgemäßen Haushalt bevorsteht. „Derzeit hängt alles etwas in der Schwebe“, sagte der Haushaltspolitiker der Linken, Ronald Hande, am Donnerstag auf Anfrage.
Hintergrund ist, dass Ramelows rot-rot-grüne Regierungskoalition keine eigene Mehrheit im Landtag hat und auf Kompromisse mit der Opposition - bisher war das die CDU - angewiesen ist. Theoretisch könnten auch CDU, AfD und FDP gemeinsam einen Haushalt beschließen. Es wäre ein Novum, dass die Opposition in einem Bundesland einen Haushalt beschließt - mit unwägbaren Folgen.
Hunderte Änderungsanträge zum Etat der Regierung
Er hoffe, dass nach den Kompromissvorschlägen der Regierung in dieser Woche eine Einigung zwischen Ramelow und Voigt über mögliche Korrekturen im Haushalt erzielt werde, sagte Hande. Diese könnten dann relativ kurzfristig in Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf umgesetzt werden. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Volker Emde (CDU), sagte auf Anfrage, dem Gremium lägen bereits insgesamt rund 500 Änderungsanträge von Linke, CDU, SPD, Grünen, AfD und FDP vor. Eigentlich sollen sie am Freitag abgestimmt werden. Ob das passiere, hänge auch vom Ausgang des Treffens von Voigt und Ramelow ab, sagte auch Emde.
Mögliche Szenarien bis zur Haushaltsentscheidung
Denkbar sind nach Einschätzung von Haushaltspolitikern verschiedener Fraktionen zwei Wege: Bei einer Einigung des Oppositionsführers und des Regierungschefs würden neue Änderungsanträge geschrieben und in einer späteren Sitzung des Haushaltsabschlusses abgestimmt. Bei Wahrung von Fristen wäre dann eine Haushaltsentscheidung des Landtags in den Tagen vor Heiligabend denkbar, hieß es. Bisher hat der Etat ein Rekordvolumen von 13,8 Milliarden Euro. Zur Finanzierung würden die gesamten Rücklagen des Landes aufgebraucht. Dagegen stemmt sich die CDU-Fraktion. Sie verlangt unter anderem weniger Ausgaben und eine Schonung der Rücklage.
Gibt es keine Einigung, könnte es zu einem „wilden Verfahren“ kommen, wie es Hande nannte. Dann würden die vorliegenden Änderungsanträge, die sich teilweise widersprechen, abgestimmt. Das könnte zur Folge haben, dass der Haushalt nicht mehr ausgeglichen und damit nicht verfassungsgemäß ist. Bereinigungssitzungen wären nötig oder das Parlament müsste in seiner planmäßigen Sitzung von Mittwoch bis Freitag kommender Woche entscheiden, wie es mit einem solchen Haushalt umgeht.
FDP spricht von Kuhhandel
Während die Spitzen der Regierungskoalition und Oppositionsführer Voigt deutlich machten, dass es ihnen darum geht, dass Thüringen ins Superwahljahr 2024 nicht ohne beschlossenen Haushalt geht, kommt Kritik von anderen Oppositionsparteien. Der Sprecher der FDP-Gruppe, Thomas Kemmerich, sprach von einem Kuhhandel zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt eröffne auch Thüringen die Chance, die Landesfinanzen neu zu ordnen und auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen. Kemmerich kritisierte unter anderem Pläne von Rot-Rot-Grün, die Tilgung der Corona-Kredite von 8 auf 15 Jahre zu strecken. Auch die AfD lehnt den Haushalt sowie die Kompromissvorschläge ab.
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