Landtag - Schwerin:MV bringt Neuverschuldung von 2,1 Milliarden Euro auf Weg

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Schwerin (dpa/mv) - Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat am Mittwoch die höchste Neuverschuldung in der Geschichte des Landes auf den Weg gebracht. Die Regierung will 2,15 Milliarden Euro Kredite aufnehmen, um die Folgen der Corona-Krise in diesem und im nächsten Jahr abzufedern. Das Parlament überwies den entsprechenden Gesetzentwurf einstimmig zur weiteren Beratung in die Ausschüsse.

Im Frühjahr hatte der Landtag bereits eine Neuverschuldung von 700 Millionen Euro genehmigt. Gehen nun auch die 2,15 Milliarden Euro durch, würde das Land in den Jahren 2020 und 2021 insgesamt 2,85 Milliarden Euro frisches Kapital aufnehmen. Aber selbst dann bliebe MV das Bundesland mit der viertniedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland, wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in ihrer Rede zur Einbringung des Nachtragshaushalts sagte.

Mit dem Geld sollen nicht nur Hilfen für Unternehmen aufgrund coronabedingter Ausfälle bezahlt, sondern es soll auch investiert werden. "Diese 2,15 Milliarden Euro sind vorgesehen für Wirtschaft und Arbeitsplätze, für die Kommunen, damit auch diese handlungsfähig bleiben, für die digitale Ausstattung von Schulen und Hochschulen, für die Modernisierung des Gesundheitswesens und die Digitalisierung", erläuterte Schwesig.

So sollen 480 Millionen Euro für Verbesserungen im Gesundheitswesen ausgegeben werden. Mit 387 Millionen würden die Kommunen gestärkt. Weitere 265 Millionen Euro würden investiert, um Schulen zu sanieren und die digitale Ausstattung von Schulen und Hochschulen zu verbessern. Rund 400 Millionen sollen der Verwaltung zugute kommen, zum Beispiel für deren Digitalisierung.

Bei der AfD als größter Oppositionsfraktion rief der Plan, mit den neuen Schulden auch Investitionen bezahlen zu wollen, Kritik hervor. Damit würde die Schuldenbremse umgangen, sagte der Abgeordnete Ralph Weber. Diese untersagt eine Neuverschuldung jenseits der Notwendigkeit, katastrophalen Situationen zu begegnen. "Sie benutzen das Vehikel Corona, um sich über die Schuldenbremse hinwegzusetzen. Das ist nicht korrekt", warf Weber der Landesregierung vor.

Zuvor hatte bereits Landesrechnungshof-Präsidentin Martina Johannsen an der Höhe der Neuverschuldung Kritik geübt. Viele Vorhaben seien mit Corona nicht zu begründen und von den Corona-Hilfen im Frühjahr sei längst noch nicht alles ausgegeben, hatte sie jüngst im NDR gesagt. Auch die Vorsitzende der oppositionellen Linksfraktion, Simone Oldenburg, erinnerte daran, dass nicht alle Maßnahmen durch den Ausbruch des Virus notwendig würden. Mit Corona werde nur offenbar, wo überall bereits vor längerer Zeit hätte investiert werden müssen, sagte sie.

Auf Messers Schneide stehe es unter anderem im Gesundheitsbereich, im Schulbau, in der Digitalisierung, im Öffentlichen Personennahverkehr, in der Pflege, in der Kulturlandschaft und im Kinder- und Jugendtourismus. "Die Krise all dieser Bereiche hat nicht ihre Ursache in der Corona-Pandemie. Sie hat ihre Ursache im gefährlichen Geiz der Landesregierung in den letzten Jahren", sagte Oldenburg.

Der CDU-Finanzpolitiker Egbert Liskow verteidigte das Vorgehen hingegen als verantwortungsvoll. "Mit dem Nachtragshaushalt kompensieren wir zum einen die sinkenden Steuereinnahmen für den Landeshaushalt und die Kommunen, so dass die öffentliche Hand nicht sparen, sondern weiter investieren kann, gerade vor Ort in den Dörfern und Städten. Das sichert Arbeitsplätze", bemerkte Liskow. "Zum anderen setzen wir Impulse für die Wiederbelegung der wirtschaftlichen Entwicklung."

Die Regierungschefin warb in ihrer Rede um Verständnis für bevorstehende härtere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Ohne weitergehende Vorkehrungen würde Mecklenburg-Vorpommern in spätestens zwei Wochen die kritische Marke von 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen erreichen. Dies zeigten Modellrechnungen der Universität Greifswald.

Es sei besser, vorher zu handeln, sagte Schwesig und erinnerte an das Frühjahr. In der ersten Infektionswelle sei im Land klar, frühzeitig und konsequent gehandelt worden - das habe sich ausgezahlt. Mecklenburg-Vorpommern habe als eines der ersten Bundesländer den Tourismus wieder zulassen können und es sei ein "toller Sommer" geworden.

Am Mittwochnachmittag berieten die Ministerpräsidenten der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über weitere Maßnahmen gegen die stark steigenden Corona-Infektionen in Deutschland. Im Gespräch war ein "Lockdown light" mit geschlossenen Bars, Restaurants Theater, Kinos, Opern oder Konzerthäusen, aber geöffneten Schulen. In Mecklenburg-Vorpommern war am Dienstag mit 118 Neuinfektionen ein neuer Höchststand für das Bundesland erreicht worden.

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