Landtag - Saarbrücken:Kramp-Karrenbauer kritisiert Uniklinik des Saarlandes

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Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sitzt im Untersuchungsausschuss. Foto: Oliver Dietze/dpa (Foto: dpa)

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Saarbrücken (dpa/lrs) - CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat das Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) für seinen Umgang mit Verdachtsfällen von sexuellem Kindesmissbrauch kritisiert. Sie habe erst am 19. April 2019 über den mutmaßlichen Missbrauch von Kindern durch einen Arzt zwischen 2010 bis 2014 in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Homburg erfahren, sagte Kramp-Karrenbauer am Freitag vor einem Untersuchungsausschuss des saarländischen Landtags in Saarbrücken. Es sei ein Fehler, dass das UKS sie damals als Wissenschaftsministerin des Saarlandes nicht darüber informiert habe.

"Aus der politischen Verantwortung heraus und der Verantwortung für die Kinder und die Eltern wäre es aus meiner Sicht richtig und notwendig gewesen, wenn die Information geflossen wäre", sagte die Bundesverteidigungsministerin, die von 2011 bis 2018 im Saarland Ministerpräsidentin war. Sie "bedauere sehr", das sie "zu dem Zeitpunkt, als die Dinge virulent waren, keine Kenntnis erhalten habe". Wenn sie die Information erhalten hätte, hätte sie "sofort alles in die Wege geleitet, um in aller Härte durchzugreifen".

Kramp-Karrenbauer sagte, sie sei im vergangenen April vom damaligen Chef der Staatskanzlei, Jürgen Lennartz, informiert worden. Lennartz hatte zuvor als Zeuge im U-Ausschuss gesagt, er habe erst am 18. April von den Verdachtsfällen erfahren. "Es war für mich eine schwere Belastung, diese Erkenntnis zu erlangen, dass es offensichtlich zumindest Verdachtsfälle gibt von Kindesmissbrauch am UKS", sagte er. "Wir waren alarmiert und haben sofort alles in Bewegung gesetzt, das aufzuklären."

In der Öffentlichkeit war Ende Juni 2019 bekanntgeworden, dass ein 2016 gestorbener Assistenzarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie von 2010 bis 2014 mehrere Kinder bei Untersuchungen sexuell missbraucht haben soll. Die Eltern der insgesamt 34 möglicherweise betroffenen Kinder waren erst im vergangenen Sommer informiert worden. Die Staatsanwaltschaft hatte damals wegen der Verdachtsfälle ermittelt - das Verfahren aber nach dem Tod des Arztes eingestellt.

Der Saar-Landtag setzte einen Untersuchungsausschuss ein. Seit September 2019 ermittelt er, wie die zum jeweiligen Zeitpunkt beteiligten Stellen mit Verdachtsmomenten und Anhaltspunkten umgegangen sind. Er soll auch klären, warum die Klinikleitung die Eltern nicht informierte, nachdem sie den Arzt 2014 entlassen hatte.

Kramp-Karrenbauer war neben ihrem Amt als Regierungschefin an der Saar von 2012 an auch zuständig für das Ressort Wissenschaft und damit für die Rechtsaufsicht über das UKS. Sie sei überzeugt, dass andere Mitglieder der Landesregierung damals auch keine Kenntnis von den Verdachtsfällen hatten, sagte sie im U-Ausschuss.

Sie sei vom UKS immer über vieles informiert worden. "Insofern gab es für mich auch keinen Anlass, den Verdacht zu haben, dass wesentliche Dinge am UKS in der Information vom UKS in die Landesregierung nicht weiter gegeben werden", sagte sie. Das UKS hatte nach früheren Angaben damals lediglich die Ärztekammer und die Staatsanwaltschaft informiert. "Die Klinik dachte, sie habe damit genüge getan", sagte Lennartz. Auch er sagte, es sei unstreitig, dass die Klinik darüber berichten hätte müssen.

Bei dem Arzt bestehe der Verdacht, dass er medizinisch nicht notwendige Untersuchungen am Intimbereich der Kinder vorgenommen habe, die als Routinemaßnahmen dargestellt wurden. Die möglichen Opfer seien im Schnitt zwischen fünf und acht Jahre alt gewesen sein, vor allem waren es Jungen.

Der U-Ausschuss war Ende 2019 inhaltlich noch erweitert worden. Nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsverdachtsfällen in der HNO-Klinik des UKS wurde der Auftrag des Landtagsgremiums auf diese Fälle ausgedehnt. Nach Angaben der Vorsitzenden Dagmar Heib (CDU) wird der U-Ausschuss in diesem Jahr noch nicht zu Ende kommen.

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