Landtag - Potsdam:Arbeitsgerichts-Reform: Kritik an Abschaffung von Standorten

Brandenburg
Susanne Hoffmann (CDU), Brandenburgs Ministerin der Justiz. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/ZB/Archivbild (Foto: dpa)

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Potsdam (dpa/bb) - Nur noch vier Arbeitsgerichte anstatt sechs plus zusätzliche Verhandlungstage für arbeitsrechtliche Streitigkeiten an den Amtsgerichten - so sehen es Reformpläne des Justizministeriums in Brandenburg vor. "Seit Jahren sind die Eingänge bei den Arbeitsgerichten rückläufig. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die Arbeitsfähigkeit mehrerer Standorte bereits in absehbarer Zeit nicht mehr zu gewährleisten sein", so Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU). Am Donnerstag stellte sie die Reform im Rechtsausschuss des Landtages vor.

Derzeit gibt es sechs Arbeitsgerichte im Land, künftig sollen es vier sein. Den Plänen zufolge sollen die Standorte Potsdam und Eberswalde wegfallen, auch die Cottbuser Außenstelle Senftenberg soll aufgegeben werden. Damit würde es noch Arbeitsgerichte in Brandenburg/Havel, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Neuruppin geben.

Zusätzlich sollen Arbeitsrichter an extra Gerichtstagen in Justizgebäuden in Perleberg, Eberswalde, Luckenwalde und Senftenberg arbeiten. Anträge könnten an den Rechtsantragsstellen der Amtsgerichte eingereicht werden. Damit die Mitarbeitenden der Amtsgerichte Ratsuchende bei der richtigen Antragsstellung beraten können, sollen sie geschult werden. "Alle Fälle der Gerichtsstandorte Eberswalde und Senftenberg werden auch weiterhin dort oder sogar an einem für die Rechtssuchenden näher gelegenen Standort entschieden", sagte Sprecher Horst Fischer.

Seit Jahren seien die Verfahrenseingänge bei den Arbeitsgerichten gesunken, seit 2003 deutlich über 50 Prozent. Zählten die Gerichte 2000 noch 24 600 Verfahren, waren es 2020 nach Ministeriumsangaben noch 8235. Trotz der Corona-Pandemie mit ihren Folgen wie Kurzarbeit und Betriebsschließungen gab es 2020 gegenüber dem Vorjahr demnach nur einen Verfahrensanstieg von 0,2 Prozent, so Hoffmann in Potsdam. Das Ministerium rechnet auch nicht damit, dass es durch die Pandemie zu solch einem starken Anstieg kommen wird, dass die Gerichte - selbst in der reduzierten Zahl - nicht mehr arbeitsfähig sein werden.

Allein am Arbeitsgericht Potsdam gab es einen Anstieg von 7,5 Prozent gegenüber 2019. Dennoch soll ausgerechnet der Standort in der Landeshauptstadt künftig schließen beziehungsweise nach Brandenburg an der Havel umgesiedelt werden. Das Ministerium geht davon aus, dass die Reform zum 1. Januar 2023 umgesetzt werden kann.

Konkret gehe es in der Arbeitsgerichtsbarkeit vom Richter bis zu den Mitarbeitenden der Geschäftsstellen um 26 Stellen, sagte Fischer. Da das Ministerium mit einem pensionsbedingten Abbau von einem Drittel rechnet, seien zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Reform landesweit noch 17 Stellen betroffen. Die Mitarbeitenden der von den Schließungen betroffenen Gerichte haben dann die Wahl: entweder sie nehmen Stellen bei den Amtsgerichten vor Ort an oder sie ziehen um.

Die Reform soll die Funktionsfähigkeit der Arbeitsgerichte für die Zukunft sicherstellen, teilte das Ministerium mit. Bisherige Standorte haben sich zu sogenannten Kleinstgerichten, also zu Gerichten mit weniger als drei, zum Teil sogar mit weniger als zwei Berufsrichtern entwickelt. Bei Krankheit oder Urlaub könne der Betrieb kaum gewährleistet werden, so Hoffmann.

"Wir haben uns im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, alle Landesteile zu fördern und auch Behördenansiedlungen so zu denken, wo immer die Chance sich bietet. Hier ist eine Chance", so die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Tina Fischer.

Die Linksfraktion im Landtag forderte, die Standorte zu erhalten. "Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie, der Inbetriebnahme des Flughafens BER und der Ansiedlung der Tesla-Gigafactory müssen wir in den kommenden Jahren von steigenden Verfahrenszahlen in der Arbeitsgerichtsbarkeit ausgehen", warnte die justizpolitische Sprecherin Marlen Block. Gerichte müssten, ähnlich wie Krankenhäuser, erreichbar sein für die Menschen und dürften nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geschlossen werden, sagte Block.

Der Beamtenbund (dbb) in Brandenburg kritisierte: Eine Schließung sei nicht das richtige Mittel. Die Schließungen hätten zum einen erhebliche Konsequenzen für das dort beschäftigte Personal. Die Entfernungen von Eberswalde nach Frankfurt (Oder) seien ohne einen Umzug nicht zu bewältigen. Auch der Weg von Potsdam nach Brandenburg an der Havel sei erheblich. "Eine sozial verträgliche Begleitung der Schließung bleibt dabei immer das schlechtere Mittel als der Erhalt des Arbeitsplatzes", heißt es in einer Mitteilung.

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