Landtag - Magdeburg:Lotto-Aufsichtsrat verließ sich auf Empfehlungen: Webel geht

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Thomas Webel (CDU), Minister für Landesentwicklung und Verkehr, spricht. Foto: Peter Gercke/dpa-Zentralbild/ZB (Foto: dpa)

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Magdeburg (dpa/sa) - Der Aufsichtsrat von Lotto-Toto Sachsen-Anhalt hat Empfehlungen der Geschäftsführung offenbar kaum hinterfragt. Das ist am Freitag bei der Befragung des Aufsichtsratsvorsitzenden und Verkehrsministers Thomas Webel (CDU) im Untersuchungsausschuss des Landtags deutlich geworden. Webel sagte, wenn die Geschäftsführung etwa bei Stellenbesetzungen ordentliche Begründungen geliefert habe, sei der Aufsichtsrat dem gefolgt. Heute würde er genauer hinschauen, darauf könne man sich verlassen. Webel (66) kündigte an, sein Aufsichtsratsmandat niederzulegen, sobald eine neue Lotto-Geschäftsführung gefunden sei. Jüngere sollten übernehmen, sagte er zur Begründung.

Die Doppelspitze bei Lotto war wegen einer Reihe von Kritikpunkten abberufen worden. Es ging um die mangelhafte Information von Aufsichtsgremien, den Umgang mit Großspielern und Stellenbesetzungen. Webel berichtete auf Nachfrage von der Einstellung eines Lotto-Bezirksleiters durch die Lotto-Geschäftsführung Monate vor der notwendigen Aufsichtsratsentscheidung. Die Geschäftsführerin habe sich daraufhin entschuldigt, der Aufsichtsrat habe das akzeptiert, die Sache war beendet.

Dass persönliche Beziehungen bei Personalentscheidungen eine Rolle gespielt haben könnten, habe er damals nicht gewusst, sagte Webel. Generell seien die Bezirksleiter so bestätigt worden, wie von der Geschäftsführung vorgeschlagen. Thema im Ausschuss war auch die Qualifizierung der langjährigen Lotto-Geschäftsführerin. Auch da, sagte Webel, habe er sich auf die Empfehlungen des eingeschalteten Personaldienstleisters und des Aufsichtsratsvorsitzenden verlassen. Er habe nicht gewusst, dass die erfolgreiche Kandidatin kein abgeschlossenes Hochschulstudium gehabt habe.

Eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums, die 2012 für die Vertragsverhandlungen zuständig war, hatte seinerzeit einen handschriftlichen Vermerk verfasst, wonach man auf Zeugnisse verzichte. Sie sagte dem Ausschuss, sie könne sich nicht mehr an den Handzettel erinnern. Er könne im Zusammenhang mit dem Führungszeugnis der Geschäftsführerin gestanden haben, das wohl zu spät beantragt worden sei. Sie habe nie ein Zeugnis gesehen, es sei Aufgabe des Personalvermittlungsunternehmens gewesen, die Unterlagen zu sichten.

Andere Auffälligkeiten bei Lotto-Toto Sachsen-Anhalt schlugen über die Landesgrenzen hinweg schon 2018 Wellen. Damals machten sich Lotto-Verantwortliche aus anderen Bundesländern Sorgen wegen ungewöhnlich hoher Sportwetten-Gewinne in Sachsen-Anhalt. Weil fünf Großspieler für besonders hohe Ausschüttungen gesorgt hätten, habe die federführende Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern im Herbst 2018 Lotto-Toto Sachsen-Anhalt angeschrieben, sagte ein Sportwetten-Verantwortlicher aus Bayern im U-Ausschuss als Zeuge. Innerhalb der Oddset-Kooperationsgemeinschaft sei - etwa aus Niedersachsen - ein Schaden befürchtet worden.

In insgesamt zwei Schreiben habe man zwei Maßnahmen vorgeschlagen: ein allgemeines Kundenlimit einzusetzen und ein individuelles Kundenlimit für diejenigen fünf Großspieler, die ungewöhnlich viel Geld einsetzten und gewannen. Lotto-Toto Sachsen-Anhalt habe geantwortet, man müsse sich mit der Aufsicht abstimmen. Der Zeuge sagte: "Wenn es in Bayern stattgefunden hätte, hätten wir sicher schneller agiert." Ende 2018 sei der "Zielkorridor" nahezu erreicht worden. Es sei kein Schaden für individuelle Spieler entstanden.

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss kommt im November wieder zusammen und will dann unter anderen Innenminister Holger Stahlknecht hören, in dessen Haus die Glücksspielaufsicht angesiedelt ist. Für Dezember ist laut dem Ausschussvorsitzenden Andreas Steppuhn geplant, die abberufene Lotto-Geschäftsführung selbst zu hören.

Der Untersuchungsausschuss, der sich im September 2019 konstituiert hat, ist bislang möglichen Verstößen gegen das Geldwäschegesetz nachgegangen, den Aktivitäten von Großspielern und dem Umgang der Lotto-Geschäftsführung mit den Auffälligkeiten. Auch die Vergabe von Jobs und mögliche persönliche Verbindungen spielen eine Rolle. Zum Untersuchungsauftrag gehört zudem die Verwendung von Fördermitteln.

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