Landtag - Düsseldorf:Koalition legt Pandemiegesetz vor: SPD: "verfassungswidrig"

Corona
SPD-Landtagsfraktionschef in NRW, Thomas Kutschaty. Foto: Federico Gambarini/dpa (Foto: dpa)

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Regierungskoalition hat den Vorschlag für ein neues Pandemiegesetz vorgelegt, das bis zum 31. Dezember 2022 gültig sein soll. Es sieht weiter besondere Befugnisse für die Landesregierung im Katastrophenfall vor, bindet aber den Landtag mehr ein. Die Novelle soll am Donnerstag in den Landtag eingebracht werden. Die SPD-Opposition nannte den Entwurf verfassungswidrig und "bloßen Etikettenschwindel".

Das bisherige Pandemie-Gesetz ermöglicht der Regierung unter anderem, medizinisches Material zu beschlagnahmen, falls es nötig wird. Es wurde im vergangenen April nach intensiver Debatte beschlossen und ist bis zum 31. März 2021 befristet. Das neue Gesetz soll nach dem Willen von CDU und FDP gleich bis Ende 2022 gelten. Es greift allerdings nur, solange der Landtag die "Pandemische Lage" für NRW ausruft - quasi den Corona-Katastrophenfall.

Ein neuer Passus im Gesetzentwurf von Schwarz-Gelb widmet sich der stärkeren Beteiligung des Landtags, die auch von der Opposition immer wieder eingefordert worden war. "Der Landtag kann pandemische Leitlinien beschließen, die für grundsätzlich drei Monate befristet sind. Die Landesregierung berücksichtigt die vom Landtag beschlossenen Leitlinien bei den von ihr zu treffenden Entscheidungen im Rahmen des pandemischen Geschehens", heißt es zu Beginn der Novelle.

Was die konkreten Änderungen der Coronaschutz-Verordnung angeht, soll sich die Regierung verpflichten, den Landtag vor der Verkündung zu informieren. Abnicken muss der Landtag einzelne Änderungen nicht.

Die Regierungskoalition hatte vergangene Woche angekündigt, SPD und Grüne zu einem Gespräch über den Gesetzentwurf einzuladen. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty zerlegte den Entwurf am Dienstag aber bereits. Er forderte erneut mehr Mitspracherecht des Parlaments, noch bevor die Landesregierung ihre neuen Corona-Schutzverordnungen in Kraft setze. "Wir brauchen deutlich mehr Beteiligungsrechte des Parlaments." Es gebe zu solchen Fällen auch seit 2012 eine entsprechende Vereinbarung zwischen Landesregierung und Landtag.

Die im neuen Gesetzentwurf verankerte Möglichkeit des Landtags, "pandemische Leitlinien" zu beschließen, sei "keine Stärkung der parlamentarischen Beteiligung", so Kutschaty. Denn die Regierung solle diese Leitlinien nur "berücksichtigen", müsse das aber nicht. Das schaffe Rechtsunsicherheit. "Was jetzt vorgelegt wurde, ist ein deutliches Weniger an parlamentarischer Kontrolle." Die SPD sei aber zu jeder Zeit bereit, mit der Regierung über einen "gescheiten Gesetzentwurf" zu verhandeln.

CDU und FDP wiesen die scharfe Kritik zurück. Mit Blick auf eine mögliche verfassungsrechtliche Überprüfung des Entwurfs sei man "sehr entspannt", sagte CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen. Führende Verfassungsrechtler hätten bei der Erstellung des Gesetzentwurfs beraten. Zudem betonte Löttgen, dass das Ziel des Entwurfs sei, sowohl flexibles Regierungshandeln als auch die "maximal mögliche Kontrolle" durch das Parlament zu gewährleisten. Christof Rasche, Fraktionschef der FDP, warf Kutschaty vor, "wahlkampfmäßig motiviert" vorzugehen und forderte von ihm mehr Besonnenheit.

Im Landtag soll in dieser Woche unterdessen die besagte "Pandemische Lage" verlängert werden. Das Gesundheitsministerium legte dafür eine Einschätzung zum aktuellen Infektionsgeschehen vor. Auch wenn der Bericht keine konkrete Empfehlung für den Landtag enthält, macht er doch klar, dass der Ausnahmezustand verlängert werden sollte.

So heißt es in dem Lagepapier unter anderem, es könne "trotz der aktuell sinkenden Infektionszahlen" aufgrund des immer noch "erheblichen und diffusen Infektionsgeschehens und der neuen Risiken durch veranderte Virusstämme" eine Überlastung des Gesundheitssystems in NRW nicht ausgeschlossen werden.

CDU, FDP, SPD und Grüne sind sich in diesem Fall einig. Sie legten am Dienstagnachmittag einen gemeinsamen Antrag vor, die Pandemische Lage um zwei Monate zu verlängern.

© dpa-infocom, dpa:210126-99-174597/6

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