Süddeutsche Zeitung

Landesweite Proteste:EU und USA kritisieren Russland

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Nach dem harten Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Unterstützer des Kremlkritikers Alexej Nawalny wird der Ruf nach Sanktionen lauter. Washington geißelt die "harschen Methoden" Moskaus.

Moskau - Nach dem harten Vorgehen russischer Sicherheitskräfte gegen Anhänger des inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny haben die Europäische Union und die USA scharfe Kritik an Moskau geübt. Er verfolge die Ereignisse in Russland mit Sorge und bedauere die zahlreichen Festnahmen, den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und die Einschränkung von Internet- und Telefonverbindungen, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Kurznachrichtendienst Twitter mit. An diesem Montag wolle er mit den Außenministern der EU-Staaten bei einem Treffen in Brüssel über die nächsten Schritte im Umgang mit Russland beraten. Auch die neue US-Regierung verurteilte die "harschen Methoden" der russischen Sicherheitskräfte im Umgang mit Demonstranten und Journalisten.

Bei den landesweiten Pro-Nawalny-Protesten am Samstag wurden nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD-Info 3512 Menschen festgenommen. Allein 1396 seien es in Moskau gewesen und 525 in St. Petersburg. Insgesamt seien die Menschen am Samstag in etwa 100 Städten und Ortschaften auf die Straßen gezogen. Die Polizei ging vielfach gewaltsam gegen die Demonstranten vor. In sozialen Medien waren Aufnahmen von verletzten Protestteilnehmern zu sehen, etwa mit blutverschmierten Köpfen. Auch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja wurde nach eigenen Angaben vorübergehend festgenommen.

Der Kreml spielt die Proteste herunter

Der 44-jährige Jurist Nawalny war vor einer Woche aus Deutschland nach Moskau zurückgekehrt und unmittelbar nach seiner Ankunft festgenommen worden. Ein Gericht verurteilte ihn zu 30 Tagen Arrest wegen Verstößen gegen Bewährungsauflagen aus einem früheren Urteil. Der Kreml hingegen spielte diese bisher so noch nicht gesehenen Massenproteste gegen Präsident Wladimir Putin herunter: Es seien "wenige Menschen" zu den Protesten gegangen. "Viele Menschen stimmen für Putin", sagte Putins Sprecher Dmitrij Peskow am Sonntag im Staatsfernsehen. Unabhängige Medien gingen jedoch allein in Moskau von 40 000 Demonstranten aus.

Nach dem Umgang Moskaus mit den Protesten werden Rufe nach weiteren EU-Sanktionen gegen Russland laut. Die Strafmaßnahmen müssten Oligarchen und Freunde von Kremlchef Wladimir Putin treffen, erklärten im Ausland lebende Oppositionelle um den früheren Oligarchen Michail Chodorkowski am Samstagabend. "Jagt sie, verfolgt ihre Geldströme", sagte der frühere Schachweltmeister Garri Kasparow bei der Online-Pressekonferenz. Die EU solle das Sanktionsinstrument nutzen, das sie im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen im Dezember beschlossen hatte.

Auch deutsche Politiker finden deutliche Worte

Auch Norbert Röttgen (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, fand deutliche Worte. Die Korruption gehöre zum System Putin, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. "Sie macht einige wenige unermesslich reich und ganz viele arm in Russland. Dieses System deckt Nawalny auf, und das ist für das System lebensgefährlich." FDP-Chef Christian Lindner forderte ein Moratorium für den Weiterbau der umstrittenen deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2.

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