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Landesparteitag in Landshut:FDP in der Euro-Krise

Die Debatte über Wege aus der Schuldenkrise stellt die FDP vor eine Zerreißprobe. Im Chor mit zahlreichen Wirtschaftsexperten positioniert sich Parteichef Rösler als Gegner von Euro-Bonds. Ob er damit der FDP aus dem Umfragetief helfen kann, ist fraglich. Beim Landesparteitag in Bayern wird deutlich, wie tief die Euro-Frage die Liberalen spaltet.

Euro-Bonds, Rettungsschirm, Die europäische Schuldenkrise überlagert fast alle politischen Diskussionen dieser Tage. Die FDP stellt sie vor eine Zerreißprobe. Das geplante Mitgliedervotum zur Euro-Rettung spaltet die Liberalen - deutlich zu spüren beim Landesparteitag der bayerischen FDP am Samstag in Landshut. Die Gegner der Euro-Rettung rebellierten. Parteichef und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler appellierte indirekt an die Delegierten, beim Mitgliederentscheid nicht gegen die Euro-Rettung und den Antrag des Bundesvorstands zu stimmen. "Wenn es schwierig wird, muss man eben kämpfen und darf sich nicht wegducken."

Auch die Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil und andere Funktionsträger appellierten, die FDP müsse ihrer Verantwortung gerecht werden. Die Bundesjustizministerin warnte: Scheitere die gemeinsame Währung, werde Europa wieder in Kleinstaaterei zurückfallen: "Dann verlieren wir alles, was wir in den letzten Jahrzehnten erreicht haben. Wir haben nur eine Zukunft, und das ist Europa."

Einer kontroversen Abstimmung über die Euro-Rettung direkt beim Parteitag gingen die Delegierten aber aus dem Weg: Sie votierten stattdessen mehrheitlich dafür, über den Antrag von Gegnern der Euro-Rettung nicht abzustimmen.

Demonstrativ schloss sich Parteichef Rösler der von Kanzlerin Angela Merkel vorgebrachten Kritik an den Plänen der EU-Kommission zur Einführung gemeinsamer europäischer Anleihen an. "Ich finde es unverantwortlich von Herrn Barroso, nochmals die Diskussion über Euro-Bonds zu eröffnen", sagte der Minister dem InfoRadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb). Solche Gemeinschaftsanleihen wären "falsch für Deutschland", aber auch für Europa. Damit würden Schulden vergemeinschaftet.

Rösler weiß sich damit der Zustimmung vieler deutscher Wirtschaftsexperten sicher: So unterstrich der Vorsitzende Wirtschafts-Sachverständigenrats, Wolfgang Franz, am Wochenende seine Skepsis gegenüber Gemeinschaftsanleihen: "Eurobonds lehnt die Mehrheit des Sachverständigenrates strikt ab", sagte Franz dem Focus. Auch der Privatbankier Friedrich von Metzler hält nichts von Euro-Bonds und einer Finanztransaktionssteuer. Gemeinschaftliche Anleihen der Euro-Partner würden den besonders hoch verschuldeten Ländern den Anreiz nehmen, die eigenen Haushalte zu sanieren, sagte der Gesellschafter des Frankfurter Bankhauses Metzler.

"Keine Haftung ohne Kontrolle"

Die Bundesbank erklärte Euro-Bonds gar für überflüssig - vorausgesetzt Europa treffe die Entscheidung zu einer stärkeren politischen Integrationen: Er sei nicht grundsätzlich gegen Euro-Bonds. Eine stärkere Gemeinschaftshaftung könne aber erst am Ende eines politischen Integrationsprozesses stehen, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann der Berliner Zeitung: "Haftung ohne Kontrolle kann nicht funktionieren." Der Notenbanker forderte daher zunächst eine Fiskalunion. "Eigentlich braucht man Euro-Bonds dann gar nicht mehr, weil die bessere Architektur der Währungsunion überzeugen wird", sagte Weidmann.

Viel Einigkeit also unter deutschen Wirtschaftsexperten. Doch ob FDP-Chef Rösler mit seiner Positionierung als Euro-Bond-Kritiker auch seiner Partei aus den Umfragetiefs helfen kann, ist fraglich. "Uns bläst der Wind oft nicht nur entgegen, er bläst uns eiskalt entgegen", sagte er den etwa 300 Delegierten des Landesparteitags. Und die sparten nicht mit Kritik: "Jetzt ist seit Mai Philipp Rösler der neue Parteivorsitzende. Leider stagniert die FDP", sagte der Sauerlacher Ortsvorsitzende Patrick Wandschneider.

Die FDP rangiert in bundesweiten Umfragen seit Monaten unter fünf Prozent und ist damit nach jetzigem Stand sowohl in Berlin als auch in Bayern bei den Wahlen 2013 vom Machtverlust und der Verbannung in die außerparlamentarische Opposition bedroht. Rösler forderte seine Partei zum Auftakt des zweitägigen Delegiertentreffens auf, Mut zu fassen: "Wir krempeln die Ärmel hoch und arbeiten gemeinsam weiter an unserem liberalen Produkt."

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