Das Ziel war klar, die Pläne schon sehr konkret: Mehr Medizin-Studenten als bisher sollten dazu ermutigt werden, nach ihrem letzten Examen als Hausarzt auf dem Land zu arbeiten. Denn in manchen ländlichen Teilen der Republik gibt es schon jetzt zu wenig Ärzte; andernorts tun zwar noch ein paar ältere Mediziner Dienst, doch auch sie gehen irgendwann in den Ruhestand und finden keine Nachfolger. Um den Landärztemangel abzuschwächen, wollte man also schon ganz früh ansetzen, beim Medizinstudium.
Jahrelang hatten Bund und Länder über ein Reformpaket unter dem Namen "Masterplan Medizinstudium 2020" verhandelt, und vor zwei Monaten kam dann auch eine inhaltliche Einigung zustande: Die Allgemeinmedizin soll gegenüber anderen Fächern wie der Chirurgie aufgewertet werden. Dazu sollten die Bundesländer die Möglichkeit bekommen, bis zu zehn Prozent der Medizin-Studienplätze an Bewerber zu vergeben, die sich später für einige Zeit als Landarzt verpflichten. Zudem sollte an jeder medizinischen Fakultät ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet werden. Schließlich war vorgesehen, dass Studenten einen Teil des Praktischen Jahres bei einem niedergelassenen Arzt verbringen müssen. Als diese Einigung Ende Januar bekannt wurde, schien das Schwierigste überstanden. Nur ein Punkt war noch offen: die Finanzierung.
Kritiker warnen, ein Scheitern könne "die Versorgung von Patienten mittelfristig gefährden"
Nun sieht es so aus, als ob das Reformpaket doch noch auf den letzten Metern scheitern könnte - denn anders als zunächst erwartet, konnten sich Bund und Länder bislang nicht darüber einigen, wer für die zusätzlichen Kosten aufkommt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus Regierungskreisen geht man von mindestens 88 Millionen Euro in den ersten drei Jahren aus, danach soll die Reform pro Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Die Länder wollen das nicht allein bezahlen, schließlich hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) das Projekt maßgeblich vorangetrieben - sie wollen daher Geld vom Bund. Dazu kommt, dass die für die Universitäten zuständigen Landesministerien nicht bereit sind, den Länderanteil allein zu tragen - die Gesundheitsministerien müssten ihren Teil dazu beisteuern, heißt es.
Diese Gemengelage hat die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) dazu veranlasst, die Reform bis auf Weiteres zu blockieren. Ursprünglich war geplant, dass die Kultusminister dem Masterplan auf ihrer jüngsten Sitzung in Berlin zustimmen - doch dann kam alles anders. Man lehne eine Zustimmung "zum gegenwärtigen Zeitpunkt wegen der ungesicherten Finanzierung der Reform" ab, teilte die KMK mit. Deren Präsidentin, Susanne Eisenmann (Grüne) aus Baden-Württemberg, forderte einen "angemessenen Finanzierungsbeitrag des Bundes" und des Gesundheitswesens. Vertreter der Hausärzte zeigten sich entsetzt darüber - sie sahen ihre Profession schon deutlich aufgewertet. Der Chef des deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, warnte vor "fatalen Folgen" eines Scheiterns der Reform und befürchtet, dass dies "die Versorgung der Patienten mittelfristig gefährden" könne. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin warf den Landesministern "mangelnden Mut" vor und kritisierte, dass die mit dem "Masterplan" verbundenen Verbesserungen der Reform nun "auf unverantwortliche Weise verzögert" würden.
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund nutzte die KMK-Blockade für eine erneute grundlegende Kritik. Anstatt "unsinnige Maßnahmen zu beschließen", sagte Gewerkschaftschef Rudolf Henke, der auch für die CDU im Gesundheitsausschuss des Bundestages sitzt, sollten die Länder "die Studienplatzmisere lösen". Der Masterplan bleibe nämlich ein "Stückwerk", solange damit nicht die Vorgabe verbunden sei, jedes Jahr 1000 Ärzte mehr als derzeit auszubilden. An diesem Dienstag wollen sich Vertreter der Wissenschafts- und Gesundheitsministerien der Länder erneut in Berlin treffen, um über die Finanzierung der Reform zu verhandeln.