Süddeutsche Zeitung

Christine Lambrecht:Ministerin und Mutter

Die Bundesverteidigungsministerin nimmt Stellung im Streit um den Mitflug ihres Sohnes im Regierungshubschrauber. Sie hat eine Begründung parat - und eine Bitte.

Von Robert Roßmann und Mike Szymanski, Berlin

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich am Mittwoch erstmals öffentlich zu dem umstrittenen Mitflug ihres erwachsenen Sohns in einem Regierungshubschrauber nach Nordfriesland geäußert, wo sie einen Truppenbesuch absolvierte. Sie habe Verständnis dafür, wenn es daran Kritik gebe, sagte Lambrecht im "ZDF-Mittagsmagazin". Sie begründete den Flug damit, Zeit mit ihrem Sohn verbringen zu wollen. "Ich bin als Ministerin in einer Situation, dass ich sehr wenig Zeit habe für Privatleben und insbesondere für den Kontakt mit meinem Sohn", sagte Lambrecht. "Ich bitte um Verständnis dafür, dass es darum geht, eben auch den Kontakt zum Kind weiter aufrechtzuhalten."

In der Angelegenheit sei "rechtlich alles korrekt gewesen", sagte Lambrecht. Allerdings werde sie Konsequenzen aus der Kritik ziehen. Derartige Reiseplanungen würden in Zukunft "völlig anders" vorgenommen. Sie werde im Privatleben "noch mehr" darauf achten, dass "solche Vorwürfe dann nicht möglich sind". Der Kontakt zu ihrem Sohn sei ihr "als Mutter" jedoch wichtig. Dies habe sie vielleicht zu einer Entscheidung verleitet, "die man im Nachhinein so nicht mehr treffen würde".

Die Ministerin sagte, sie behalte sich aber "bei allen Äußerungen, die über mich oder meine Familie getroffen werden, vor, entsprechend dann auch darauf zu reagieren, wenn es zu falschen Tatsachenbehauptungen kommt".

Lambrecht hatte nach Angaben ihres Ministeriums am 13. April unter anderem das Bataillon Elektronische Kampfführung 911 in Nordfriesland besucht und sich dafür mit dem Hubschrauber vom Berliner Dienstsitz nach Ladelund fliegen lassen. Dabei begleitete sie ihr 21-jähriger Sohn, ohne dass er an dem militärischen Termin teilnahm.

Für einen solchen Flug wird der Economy-Tarif der Lufthansa abgerechnet

Nach einer Hotelübernachtung ging es am nächsten Tag mit dem Auto und Personenschützern auf die nahe Insel Sylt zu einem Osterurlaub. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte der Süddeutschen Zeitung, die Buchung des Hotelaufenthalts nach dem Truppenbesuch "erfolgte aus dem Büro der Bundesministerin". Dabei seien aber "keine Bundeswehr-Sonderkonditionen zur Anwendung" gekommen.

Die Richtlinien zum Einsatz der Bundeswehr-Flugbereitschaft lassen es zu, dass Lambrecht persönliche Gäste mitnimmt. In ihrem Fall soll der Sohn als "sonstiger Begleiter" behandelt worden sein. Für ihn müssen dann Kosten in Rechnung gestellt werden. Als Bemessungsgrundlage gilt dabei der Economy-Normaltarif der Lufthansa für die jeweilige oder eine vergleichbare Strecke. Die Abrechnung dauert oft länger.

Lambrecht habe am Mittwoch den in Rechnung gestellten Betrag von 261 Euro für den Flug ihres Sohnes bezahlt, hieß es am Abend aus dem Verteidigungsministerium. Zur Frage der SZ, ob seitens des Ministeriums oder nachgeordneter Stellen für den Sohn Lambrechts Kosten vorgestreckt worden seien, erklärte der Sprecher, dass dies nicht der Fall gewesen sei.

Lambrecht hatte ihren Sohn auch schon in ihrer Zeit als Bundesjustizministerin bei Dienstreisen wiederholt mitgenommen. "Lambrecht wurde auf insgesamt sieben Auslandsreisen von ihrem Sohn begleitet, dabei nutzte sie aber nur ein einziges Mal die Flugbereitschaft der Bundeswehr - und zwar am 7. Juni 2021 beim Rückflug aus Luxemburg", sagte eine Sprecherin des Justizministeriums der SZ. Für die Teilnahme ihres Sohnes an dem Rückflug am 7. Juni habe Lambrecht "die üblichen Kosten privat bezahlt, diese betragen 100 Prozent des entsprechenden Economy-Tarifs der Lufthansa".

Auf die Frage, ob die Mitreisen des Sohnes geeignet seien, in der öffentlichen Diskussion das Ansehen der Bundesregierung zu beeinträchtigen, sagte eine Regierungssprecherin am Mittwoch lediglich, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit der Verteidigungsministerin "eng und vertrauensvoll" zusammenarbeite - und sie sich zu dem Vorgang nicht weiter äußern wolle.

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