Bundesregierung:Scholz wegen Lambrecht in Bedrängnis

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Scholz und Lambrecht bei einem gemeinsamen Termin im September. (Foto: Jens Schlueter/AFP)

Die Verteidigungsministerin könnte schon am Montag zurücktreten. Der Kanzler schweigt, aber FDP und Grüne debattieren bereits offen über die Nachfolge. Die Union fordert eine schnelle Entscheidung.

Von Roland Preuß, Berlin

Der bevorstehende Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bringt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in neue Schwierigkeiten. Während sich Scholz und die Bundesregierung am Wochenende weigerten, den geplanten Rückzug von Lambrecht offiziell zu bestätigen, brach bereits eine Debatte über die Nachfolge los, an der sich auch Politiker aus der Ampelkoalition beteiligten. "Nach vier schwachen Ministerinnen und Ministern hat die Bundeswehr endlich jemanden verdient, der oder die etwas von der Sache versteht", sagte der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki der Bild am Sonntag.

Die Grünen-Verteidigungsexpertin Sara Nanni sagte der Süddeutschen Zeitung, für sie sei klar, dass im Kabinett je zur Hälfte Frauen und Männern sitzen sollten. "Es ist aber nicht an uns, nun darauf zu bestehen, dass dieser Posten mit einer Frau besetzt werden muss", sagte Nanni. Es gehe hier um die Besetzung eines einzelnen Ministeriums, es sollten nicht von vorneherein bestimmte Möglichkeiten ausgeschlossen werden. Sie vertraue darauf, dass die SPD "zu einer guten Entscheidung kommt". Aus Kreisen führender Grüner hieß es, man gehe fest davon aus, dass Scholz an der Geschlechterparität im Kabinett festhalte.

Von den Sozialdemokraten wollte auf Anfragen hingegen niemand öffentlich die Entscheidungsfindung ihres Kanzlers im Fall Lambrecht mit Ratschlägen oder Forderungen begleiten. Scholz hatte am Samstag bei der Einweihung eines Flüssiggas-Terminals in Lubmin an der Ostsee Fragen von Journalisten zu Lambrecht ignoriert. Der bevorstehende Rückzug der Ministerin war der SZ aus Regierungskreisen bestätigt worden, sie könnte bereits an diesem Montag offiziell zurücktreten, wenn bis dahin die Frage der Nachfolge geklärt ist. Die frühere Justizministerin hatte zum Regierungswechsel im Dezember 2021 die Leitung des Verteidigungsressorts übernommen und war durch diverse Affären und Fehltritte aufgefallen.

Die Union forderte eine schnelle Entscheidung über eine Neubesetzung und stellte die Führungsstärke von Kanzler Scholz infrage. "Auch mit diesem Wabern und diesem Abwarten und diesem Zögern schadet man der Bundeswehr", sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. Die Gerüchte über einen Rücktritt sollten mit einer Entscheidung des Bundeskanzlers abgeschlossen werden, sagt Merz. Ähnlich äußerte sich CSU-Chef Markus Söder. "Eine mögliche Nachfolge muss sofort geklärt werden", sagte er der Bild am Sonntag. "Und es muss diesmal Kompetenz vor innerparteilichen Proporz gehen."

Als mögliche Nachfolger von Lambrecht gelten die Wehrbeauftragte Eva Högl, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil oder auch die Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (alle SPD). Für Scholz stellt sich die Frage, nach welchen Maßstäben er den Ministerposten neu besetzt. Zum Start der neuen Regierung hatte Scholz versprochen, dass sein Kabinett paritätisch aus Männern und Frauen bestehen werde. Dies würde für eine Nachfolgerin oder eine Rochade im Kabinett sprechen. Zudem könnte die Kompetenz in Verteidigungsfragen bei der Besetzung den Ausschlag geben, so wie es FDP-Vize Kubicki und andere fordern.

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