Berlin:Prügelei zwischen Flüchtlingen und Wachmännern am Lageso

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  • Auf einem Video ist zu sehen, wie Wachleute eines Sicherheitsdienstes vor dem Lageso in Berlin zwei Flüchtlinge verprügeln.
  • Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung - gegen beide Seiten.
  • Vor dem Amt kommt es seit Wochen zu chaotischen Szenen, weil die Stadt offenbar mit der Registrierung der Flüchtlinge überfordert ist.

Nur einige Sekunden ist das Video lang, doch die Bilder wirken lange nach. Auf dem Film, der am Freitag von mehreren Berliner Medien verbreitet wurde, ist zu sehen, wie Wachleute vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Berlin auf zwei Flüchtlinge einprügeln. Einer der beiden Flücthlinge versucht zunächst, durch eine Absperrung zu gelangen - er habe zu seinem Cousin im Gebäude gewollt, sagte er später. Kurz darauf stürmen Sicherheitskräfte in roten Jacken auf ihn zu, reißen ihn zu Boden. Ein weiterer Flüchtling, der zur Hilfe eilen wollte, wird sofort mit mehreren Fausthieben niedergeschlagen. Die Wachleute prügeln auch dann noch auf die beiden ein, als sie längst am Boden liegen.

Amtsleiter Franz Ahlert sagte dem Rundfunksender rbb, er sei entsetzt über den Vorfall, der sich am Donnerstagnachmittag ereignete. Er habe von dem privaten Wachdienst eine Stellungnahme angefordert. Inzwischen ermittelt auch die Polizei wegen Körperverletzung. Es gebe wechselseitige Anzeigen, sagte ein Sprecher am Freitagabend. Einer der beiden Flüchtlinge, ein Iraker, habe Verletzungen an Hand und Auge davongetragen.

Das Video wirft erneut ein schlechtes Licht auf die Lage an der Erstaufnahmestelle in Berlin, die seit Monaten Schlagzeilen macht, weil die Behörde mit dem Ansturm der Flüchtlinge offenbar völlig überfordert ist. Zum Teil mussten die Schutzsuchenden tagelang in einer Warteschlange im Freien ausharren. Helfer warnen schon lange vor den chaotischen Zuständen. Vor einigen Wochen verschwand ein vier Jahre alter Flüchtlingsjunge von dem Gelände - inzwischen ermittelt die Mordkommission. Rangeleien gab es Berichten zufolge auch schon öfter vor dem Amt, allerdings existieren von früheren Zwischenfällen keine Bilder.

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Die Stadt Berlin hat inzwischen eine weitere Erstaufnahme eröffnet, um die Lage zu entschärfen. Außerdem wurden von den Behörden vor dem Lageso Zelte errichtet und eine geregelte ärztliche Versorgung organisiert - diese wurde lange ausschließlich von Ehrenamtlichen gewährleistet. Reporter vom rbb berichteten, dass es am Freitag eigentlich erstmals seit langem wieder ruhiger zugegangen sei vor dem Lageso. Doch dann tauchte das Video von der Schlägerei auf.

Mit dem Zwischenfall gerät auch die Rolle privater Wachdienste beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften erneut ins Gespräch. Private Unternehmen werden von Städten und Gemeinden in ganz Deutschland mit der Sicherung von Heimen und Erstaufnahmeeinrichtungen beauftragt, immer wieder kommt es dabei auch zu Zwischenfällen. So kam es 2014 etwa in einem Heim im nordrheinwestfälischen Burbach zu brutalen Übergriffen, die bundesweit Aufsehen erregten. Die Täter hatten damals Asylsuchende mehrfach misshandelt und sich dabei fotografiert - sie stehen mittlerweile vor Gericht.

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Auch vor dem Berliner Lageso hatte es offenbar schon öfter Probleme mit Wachleuten gegeben. Besonders die neueren Mitarbeiter der Wachdienste behandelten die Flüchtlinge schlecht, sagte eine Sprecherin der Bürgerinititative "Moabit hilft" dem Tagesspiegel. Allerdings gebe es unter den Mitarbeitern der Sicherheitsfirmen auch engagierte Menschen, die sich um die Flüchtlinge kümmerten.

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