Lafontaine und die Linke:Der weite Weg in die Realität

Mit dieser Linkspartei kann ein Sozialdemokrat im Bund nicht koalieren. Nach der Bundestagswahl wird sich entscheiden, ob Pragmatiker die Oberhand gewinnen und die Linke regierungsfähig machen. Erst dann zeigt sich auch, auf welcher Seite Oskar Lafontaine steht.

Daniel Brössler

Als Erstes kehren die Soldaten aus Afghanistan heim. Unverzüglich, ohne umständliche Absprachen mit den Verbündeten und ohne Rücksicht auf die Bitten der Regierung in Kabul. Dann beginnen die Verhandlungen mit den Nato-Partnern. Sie müssen überzeugt werden, die Allianz aufzulösen.

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Fordert von seiner alten Partei SPD, sie müsse sich "resozialdemokratisieren": Linksparteichef Oskar Lafontaine

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Zeitgleich sind eine Menge Gesetze zu ändern. Endlich bekommen Rentner, Eltern und Arbeitslose mehr Geld. Der Spitzensteuersatz steigt auf 53 Prozent. Willkommen im roten Deutschland. Willkommen in einem Deutschland, das die Linkspartei regiert.

Lafontaines kurzfristiges Ziel

Die Wahlerfolge der Linkspartei im Saarland und in Thüringen haben die Phantasie beflügelt. Das gilt für jene, die eine Regierungsbeteiligung der Linken erhoffen ebenso wie für jene, die sie fürchten. Eine Kleinigkeit wird dabei gerne übersehen: Regierungsfähigkeit ergibt sich nicht nur aus der Höhe von Wahlresultaten.

Wem die absolute Mehrheit fehlt, der braucht Koalitionspartner. Oskar Lafontaine hat klargestellt, die SPD müsse sich "resozialdemokratisieren", um als Koalitionspartner für die Linkspartei in Frage zu kommen.

Bildlich kann man sich das so vorstellen: Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier pilgern nach Saarbrücken, bitten ihren früheren Parteichef um Vergebung, und geloben die Übernahme aller wesentlichen Forderungen der Linken. Die Vorbereitungen für den Vereinigungsparteitag können dann gleich beginnen.

Dass es nicht so kommen wird, weiß auch Lafontaine. Sein kurzfristiges Ziel aber hat er mit der laufenden Debatte erreicht. Sie lenkt davon ab, dass es die Linkspartei ist, die bis zu einer Koalition den weiteren Weg zurückzulegen hat.

Leere Kassen bremsen revolutionären Eifer

Ein Blick in ihr Wahlprogramm genügt: Es will zum Beispiel Auslandseinsätze der Bundeswehr sogar dann verbieten, wenn sie unter einem Mandat der Vereinten Nationen stattfinden. Und als besondere Partner empfiehlt es ausgerechnet die "links orientierten Staaten Mittel- und Südamerikas".

Kein Sozialdemokrat könnte es verantworten, mit dieser Partei zu regieren. 2009 nicht und 2013 auch nicht. Um für die SPD, aber auch die Grünen, koalitionsfähig zu werden, muss die Linkspartei sich verändern.

Ob sie dazu bereit ist, wird sich nach der Bundestagswahl entscheiden. Dann beginnt in der Linken, die sich bisher mit programmatischen Eckpunkten behilft, die Diskussion über ein Parteiprogramm. Diese wird zeigen, ob sich die Pragmatiker durchsetzen oder die Nur-wir-haben-recht-Fraktion. Zeigen wird sich dann übrigens auch, auf welcher Seite Lafontaine steht.

Gestärkt wird der Realitätssinn durch die Beteiligung an Regierungen in den Ländern. Das erweist sich im Bundesland Berlin, wo leere Kassen revolutionären Eifer deutlich bremsen.

Die mitleiderregenden Verrenkungen der SPD im Umgang mit der Linkspartei sind unnötig. Es genügt eine klare Linie.

Wer eine andere Politik will, kommt als Koalitionspartner in Frage. Wer ein anderes Land will, nicht.

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