Lafontaine auf Linke-Parteitag:Von "Schnarchkappen" und "Zockerbuden"

"Diktatur der Finanzmärkte", "Heuchelei" und "Zockerbuden": Oskar Lafontaine teilt auf dem Parteitag der Linken kräftig aus, stärkt der Parteispitze den Rücken und fordert mehr Selbstbewusstsein. Nette Worte gibt es für Außenminister Westerwelle.

Linken-Politiker Oskar Lafontaine hat der umstrittenen Bundesspitze den Rücken gestärkt und Kritiker des Parteikurses als "Schnarchkappen" bezeichnet. Es gebe keinen Grund für einen Kurswechsel und dürfen keine Anbiederung an andere Parteien geben, sagte Lafontaine in Mülheim auf dem Parteitag der nordrhein-westfälischen Linken.

Landesparteitag der Linken

Der frühere Parteivorsitzende Oskar Lafontaine auf dem nordrhein-westfälischen Landesparteitag der Linken in Mülheim an der Ruhr.

(Foto: dpa)

Die Demokratie müsse vor der "Diktatur der Finanzmärkte" gerettet werden, so der Gastredner. Für die Schaffung einer Gesellschaft, in der die Interessen der Mehrheit maßgeblich seien, müsse die Eigentumsfrage neu gestellt werden. Es könne nicht länger angehen, dass eine Mehrheit hart dafür arbeite, damit eine Minderheit reich werde:

"Wir müssen feudale Ordnungen überwinden, wo sie da sind." Lafontaine sprach sich zum Schutz vor "Zockerbuden" für eine öffentlich-rechtliche Organisation des Bankensektors aus. Faktisch seien Großbanken schon jetzt teilverstaatlicht, weil der Staat sie nicht mehr fallen lassen könne. Darüber hinaus rügte Lafontaine das "Lohndumping" in Deutschland, das eine der Hauptursachen für die aktuellen Probleme des Euro sei. "Hartz IV war die Panzerfaust an die europäische Idee", sagte der saarländische Linke-Fraktionschef.

Starke Worte an die Kritiker

In Richtung parteiinterner Kritiker sagte der Chef der saarländischen Linken-Fraktion: "Mich packt manchmal der Zorn, wenn ich da irgendwo lese, dass kritische Geister in unserer Partei, um irgendwelchen Medien zu gefallen, sagen: 'Wir dürfen nicht nur gegen Hartz IV sein. Wir dürfen nicht nur gegen die Rente sein.' Oder so. Ja, das sind Schnarchkappen."

Lafontaine, der sich 2010 aus gesundheitlichen Gründen aus der Bundespolitik zurückgezogen hatte, betonte: "Sie sollten besser selbstbewusst und stolz diese Programme vertreten".

Außerdem verteidigte er das Linke-Führungsduo Gesine Lötzsch und Klaus Ernst gegen die anhaltende Kritik an deren umstrittenem Brief an den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro und sprach dabei von einer "gigantischen Heuchelei der veröffentlichten Meinung". Castro sei ein Mann, "der zugegebenermaßen einiges auf dem Kerbholz hat, aber seine Insel von einer brutalen Diktatur befreit hat". Die Waffenlieferungen der Bundesregierung an Saudi-Arabien seien viel schwerwiegender.

Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nahm Lafontaine in Schutz. Westerwelle steht wegen seinem "Nein" zu einem Bundeswehreinsatz in Libyen in der Kritik. "Seine Entscheidung war richtig", so Lafontaine.

"Enteignung" der Bürger stoppen

Lötzsch kritisierte angesichts der neuen Turbulenzen an den Märkten scharf eine Politik des Neoliberalismus. "Der Neoliberalismus verherrlicht den Markt und verachtet den Staat", sagte sie auf dem Landesparteitag. Vor diesem Hintergrund passten Neoliberalismus und Demokratie nicht zusammen.

Lötzsch forderte, das Leben der Menschen dürfe nicht länger von den Finanzmärkten "diktiert" werden. Die Linke stehe für eine solidarische Gesellschaft in Europa, die die "Enteignung" der Bürger stoppen werde. "Was die Schweizer Garde für den Papst ist, muss die Linke für Deutschland und Europa sein", sagte Lötzsch.

Der Bundesregierung warf Lötzsch vor, die Märkte trotz der hohen Kosten der zurückliegenden Wirtschaftskrise nicht "an die Kandare" genommen zu haben. Offenbar fühle sich Schwarz-Gelb "nur noch der Börse und den Ratingagenturen verpflichtet". Trotz milliardenschwerer Stützungen der Banken sei es zu weiterem Sozialabbau und damit auch "Demokratieabbau" gekommen. Partei-Vize Sarah Wagenknecht sagte, die offenbar bevorstehende neue Weltwirtschaftskrise sei die "Systemkrise" eines "wild gewordenen Kapitalismus". Sie mahnte eine unabhängigere Haltung der Partei an.

Die 220 Delegierten des Landesparteitags forderten mehr Solidarität und Gerechtigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft. Auf einem Bundesparteitag im Oktober will die Linke ihr Grundsatzprogramm verabschieden.

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