Länderfinanzausgleich:Auf Kosten des Bundes

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Wer zahl wie viel, für große Verkehrsprojekte zum Beispiel? Bund und Länder streiten über eine Reform des Finanzausgleichs. (Foto: DB AG/Hannes Frank)

Wer zahlt wie viel wofür? Die Ministerpräsidenten haben sich auf eine Reform geeinigt, doch in Berlin rumort es. Vor allem die SPD-Fraktion ist empört.

Von Guido Bohsem, Berlin

Die Ministerpräsidenten waren sehr schnell dabei, sich selbst mit Lob zu überhäufen. Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) nannte die Vereinbarung sogar "historisch", auf die sich die Länder bei der Reform des Finanzausgleichs verständigt hatten. Tatsächlich war es ihnen gelungen, nicht nur so unterschiedliche politische Standpunkte wie die der Ministerpräsidenten von Thüringen und Hessen, Bodo Ramelow (Linke) und Volker Bouffier (CDU) zusammenzubringen, sondern auch so unterschiedliche Interessenslagen wie die von Baden-Württemberg und Berlin zu überbrücken.

In der großen Koalition in Berlin allerdings wird das Gemurre über den Kompromiss immer lauter. Es passt vor allem den Finanzexperten aus Union und SPD nicht, dass die Länder ihre Einigung nicht durch politische Kompromisse in der Sache gefunden haben, sondern indem sie die Finanzen des Bundes schröpfen. 9,7 Milliarden Euro soll Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) von 2019 an zusätzlich an die Länder überweisen - über eine Milliarde Euro mehr als von ihm angeboten. Und das ist erst der Anfang. Weil ein großer Teil der Summe in Anteile an der Mehrwertsteuer umgerechnet werden soll, steigt sie jedes Jahr, so wie auch die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer jedes Jahr steigen, sofern das Land nicht von einer Rezession heimgesucht wird.

Insbesondere in der SPD ist man über diesen Vorschlag empört. "Damit haben die Länder einseitig und ohne Absprache mit dem Bund die gemeinsame Gesprächsebene verlassen", heißt es in einer internen Bewertung der Fraktionsführung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Sozialdemokraten bezweifeln zudem, ob es angesichts der gewünschten Zahlungen des Bundes überhaupt möglich ist, die Steuern weiter zu senken. "Es wird zu hinterfragen sein, ob die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihre Position zur schrittweisen Abschaffung des Solidaritätszuschlags aufrechterhalten kann." Dies hatte CSU-Chef Seehofer gegen den ursprünglichen Willen Schäubles durchgesetzt.

Mit der Finanzspritze des Bundes schaffen die Länder das Kunststück, dass jedes von ihnen deutlich profitiert, würde der gemeinsame Vorschlag umgesetzt. Die derzeitigen Zahlerländer würden entlastet, die mit dem Solidarpakt auslaufenden Zahlungen an die Ostländer würden kompensiert. Nordrhein-Westfalen wäre wieder Zahlerland, was für das Selbstbewusstsein der rot-grünen Regierung dort offenbar von entscheidender Bedeutung ist. Bremen und das Saarland erhielten enorm hohe Sondertransfers und sogar die westdeutschen Flächenländer profitierten.

Nach Einschätzung der Unionsfraktion hat die neue Verteilung des Geldes aber ihren Preis: das ganze System wird deutlich unübersichtlicher. Nach Einschätzung des stellvertretenden Fraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU) entstehen durch den Vorschlag der Länder neue finanzielle Verwicklungen. Dabei böten die Verhandlungen doch die Gelegenheit, ein transparentes, nachvollziehbares Finanzausgleichssystem mit klaren Zuständigkeiten und entsprechender Verantwortung auf den Tisch zu legen, sagte er der SZ.

Der Finanzexperte kündigte harte Verhandlungen im Bundestag an. Der zuletzt vorgelegte Vorschlag sei unter den Ländern doch nur deshalb kompromissfähig, weil letztlich alle auf Kosten des Bundes mehr haben, so Brinkhaus weiter. "Die weiteren Gespräche zwischen Bund und Ländern dürften daher ungemütlich werden." Tatsächlich brauchen die Länder die Zustimmung des Bundestages - und zwar mit einer Zweidrittel-Mehrheit.

Auch in der SPD-Fraktion ist man nicht überzeugt, dass mit der Vereinbarung der Länder auch ein Gesamtergebnis stehe. Falls es zu keiner Einigung komme, könne nach dem 31. Dezember 2019 zunächst auf Basis des bestehenden Rechts weitergeplant werden.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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