Labour:Wer Corbyn beerben will

Nach der verheerenden Niederlage bei den Wahlen im Dezember hatte der bisherige Labour-Chef seinen Rückzug angekündigt. Nun dünnt sich das Feld der potenziellen Nachfolger langsam aus.

Von Robin Hetzel

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Quelle: DANIEL LEAL-OLIVAS/AFP

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Es war eine schwere Niederlage, die Labour bei der britischen Parlamentswahl im Dezember erlitt. Parteichef Jeremy Corbyn zog die Konsequenzen und kündigte seinen Rückzug von der Spitze an. Das Verfahren zur Auswahl seines Nachfolgers nimmt nun langsam an Fahrt auf.

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Quelle: AP

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Vier Kandidaten haben an diesem Montag eine wichtige Hürde genommen: Sie bekamen die Unterstützung von mindestens 22 Labour-Abgeordneten des britischen Parlaments. Damit bleiben sie im Rennen um den Parteivorsitz. Im nächsten Schritt müssen sie von mindestens fünf Labour-Kreisverbänden oder drei parteinahen Organisationen unterstützt werden. Mitte Februar beginnt dann die letzte Phase, in der alle Parteimitglieder, einige Gewerkschaftsmitglieder sowie sogenannte einmalige Unterstützer abstimmen. Anfang April wird der neue Chef oder die neue Chefin feststehen.

Das sind die vier verbliebenen Kandidaten:

FILE PHOTO: Third day of the Labour party annual conference in Brighton

Quelle: REUTERS

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Keir Starmer, 57, ist entgegen aller Erwartungen der Favorit unter den Parteimitgliedern. Er hat bis zum Ende der ersten Phase mit 89 Abgeordneten die meisten Unterstützer aller Kandidaten für sich gewinnen können und liegt auch in einer aktuellen Umfrage im Kampf um den Vorsitz vorne. Der Schatten-Brexitminister gilt als leidenschaftlicher Brexit-Gegner mit sonst eher gemäßigten Ansichten. Starmer war bislang nicht als Favorit gehandelt worden, da er für seine moderate und pro-europäischen Positionen vor allem von Corbyn-Anhängern kritisiert wurde.

Aus dem Fankreis des amtierenden Parteichefs waren nach Bekanntgabe der Umfragewerte von Starmer sogar Rufe nach einer "Stop Keir Kampagne" zu vernehmen. Zweifel gibt es innerhalb der Partei auch, ob Starmer die Wähler in Nordengland zurückgewinnen kann, wo die Labour-Partei bei der letzten Wahl besonders viele Stimmen in traditionell linken Wahlkreisen verlor. Starmer, der aus London kommt, wird dem intellektuellen Hauptstadt-Zirkel zugerechnet.

FILE PHOTO: Fourth day of the Labour party annual conference in Brighton

Quelle: REUTERS

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Rebecca Long-Bailey, 40, gilt als größte Konkurrentin Starmers. Sie ist eine enge Vertraute von Corbyn - wenn es nach ihm ginge, würde Long-Bailey ihn als Parteichefin beerben. Lange galt die 40-Jährige als aussichtsreichste Kandidatin. In einer Umfrage unter Labour-Mitgliederin kam sie dann aber nur auf die zweitmeisten Stimmen. Ähnlich sah es in der ersten Wahlphase aus: Mit 33 Abgeordneten konnte sie die zweitmeisten Unterstützer für sich gewinnen. Aus Parteikreisen wurden zuletzt Warnungen laut, mit Long-Bailey als Parteichefin würde der gescheiterte Kurs von Corbyn nur weitergeführt werden.

Long-Bailey, die sich als Sozialistin bezeichnet, betonte bei der offiziellen Verkündigung ihrer Kandidatur, dass die Wahlniederlage nicht am Programm gelegen habe, sondern die Partei an einer schlechten Wahlkampf-Strategie gescheitert sei. Aufsehen erregte ihr Vorschlag, das britische Oberhaus abzuschaffen, das sie als "Blase voller ungewählter Leute" bezeichnete. Die Kandidatur der Abgeordneten aus Manchester wurde vor allem von hochrangigen Parteimitgliedern und Gewerkschaftlern begrüßt. So unter anderem vom Ian Lavery, der Überlegungen einer eigenen Kandidatur verwarf und Long-Bailey das Vertrauen aussprach.

FILE PHOTO: Lisa Nandy Britain's Shadow Secretary of State for the Energy  speaks during the opposition Labour Party's annual conference in Brighton, southern Britain

Quelle: REUTERS

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Lisa Nandy, 40, hat zuletzt einige ehemalige Labour-Hochburgen im Norden Englands besucht und damit auf sich aufmerksam gemacht. Das Signal: Sie will die Arbeiter als Labour-Wähler zurückgewinnen. Die moderate Linke hat sich klar von der Politik Corbyns abgegrenzt. Nandy warnte etwa, die Partei werde in die politische Bedeutungslosigkeit stürzen, wenn sie so weitermache.

In den britischen Medien wird Nandy bisher eher als Außenseiterin im Rennen um den Vorsitz gehandelt. Unter Buchmachern werden ihre Chancen dagegen besser eingeschätzt. Sie wurde von insgesamt 31 Abgeordneten unterstützt. Die Politikerin aus Wigan erfüllt zudem die parteiinternen Wunsch-Eigenschaften: Sie gehört zum linken, wenn auch moderaten Flügel der Partei, ist weiblich und kommt aus dem Norden.

FILE PHOTO: Third day of the Labour party annual conference in Brighton

Quelle: REUTERS

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Emily Thornberry, 59, war die erste Bewerberin, die ihre Kandidatur öffentlich gemacht hat. Sie schaffte es erst in den letzten zehn Minuten vor der Deadline, das Quorum an Abgeordneten zu erreichen. Der Einzug in die nächste Bewerberrunde gelang vor allem dank der Nominierungen von Abgeordeneten, die ursprünglich den kurz zuvor freiwillig ausgeschiedenen Clive Lewis unterstützt hatten. Thornberry hat sich gegen den Brexit eingesetzt und gilt als moderate, angriffslustige Kandidatin. Sie kritisierte Parteichef Corbyn für seine Zustimmung zu den Neuwahlen im Dezember und seine Führung der Partei in den vergangenen Jahren. Thornberry sitzt seit 2005 im Parlament und hat bereits mehrere Oppositionsposten bekleidet.

© SZ.de/saul
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