Süddeutsche Zeitung

Kurz-Besuch in Berlin:Merkel will Österreichs Regierung "an ihren Taten messen"

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"Der Bundeskanzler Österreichs ist jung, das ist nicht zu bestreiten. Und wir arbeiten daran, dass wir gute Partner sind." Mit Formulierungen wie diesen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gut gelaunt den Willen bekräftigt, die Partnerschaft mit Österreich zu verstärken.

Nachdem sie den neuen österreichischen Kanzler Sebastian Kurz zu seinem Antrittsbesuch in Berlin mit militärischen Ehren empfangen hatte, führten die beiden Regierungschefs ein langes Gespräch. Es hätte sich dabei "wenig Trennendes gefunden", betonte Merkel in der anschließenden Pressekonferenz.

Der 31-jährige Kurz steht seit Dezember an der Spitze einer Koalition aus der konservativen ÖVP und den Rechtspopulisten von der FPÖ. In der Vergangenheit hat er Merkels "Willkommenspolitik" gegenüber Flüchtlingen mehrfach kritisiert. Kurz wiederholte seine Forderung nach einem "funktionierenden Außengrenzschutz, den wir dringend brauchen". Merkel ergänzte, auch die Partnerschaft mit den Herkunftsstaaten solle verstärkt und so Flucht verhindert werden. Außerdem solle es mehr Deals wie den der EU mit der Türkei geben, den Merkel 2016 mit Ankara ausgehandelt hatte: Wer über die Türkei in die EU ankommt, wird dorthin abgeschoben.

Angela Merkel will Österreichs rechtskonservative Regierung "an deren Taten messen". Umgekehrt bekundete Kurz sein "Interesse als Nachbar an einer stabilen Regierung in Deutschland".

Kurz betonte, er und die "geschätzte Frau Kanzlerin" seien sich darüber einig, dass die EU-Staaten wieder mehr zusammenwachsen solle und "in großen Fragen wie der Außen- und Verteidigungspolitik" enger zusammenarbeiten sollten. In anderen Fragen müsse die Regulierung aus Brüssel begrenzt sein. Österreich übernimmt am 1. Juli 2018 für sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Er hoffe, "auch da einen Beitrag leisten zu können", kommentierte Kurz.

Außerdem betonten beide, sie wollten eine Beitrittsperspektive zur EU für die Westbalkanstaaten schaffen. Mit Albanien, Mazedonien, Montenegro und Serbien sind vier Länder des Westbalkans bereits offizielle Beitrittskandidaten. Aus Reihen der EU-Staaten werden Russland immer wieder Versuche der Einflussnahme in Ländern der Region vorgeworfen. In mehreren Westbalkan-Ländern gibt es zugleich Enttäuschung darüber, dass die Beitrittsverhandlungen mit der EU nicht vorankommen.

Einen Seitenhieb konnte die geschäftsführende Bundeskanzlerin sich nicht verkneifen: Sie sei erstaunt, "dass Österreich, nachdem es uns gelehrt hat, was eine Maut ist, jetzt gegen unsere Maut klagen möchte".

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