Kurz-Auftritt von Donald Trump:Wütend und verunsichert: So präsentieren sich die Republikaner

Wie Fox News ohne Werbung: Beim Parteitag übertreffen sich die Redner der Trump-Partei mit Horrorszenarien und beleidigen Hillary Clinton. Nur Trumps Ehefrau Melania setzt ein anderes Thema.

Von Matthias Kolb, Cleveland

Wenn es um Slogans geht, hat Donald Trump ein gutes Gespür. Das nostalgisch-optimistische "Make America Great Again" hat er von Ronald Reagan geklaut - der versprach schon 1980, Amerika zu alter Größe zurückzuführen. Und weil Trump kurze Sätze und klare Botschaften liebt, ist der erste Abend des Republikaner-Parteitags mit "Make America Safe Again" überschrieben.

Das Versprechen, für Sicherheit zu sorgen und die Amerikaner (oder zumindest seine Wähler) vor den Bedrohungen der Welt zu schützen, ist eine wichtige Botschaft in Trumps Wahlkampf. "Wir werden so klar gewinnen", ruft er, als er mit "We are the Champions" von Queen gegen 22:20 Ortszeit die Bühne betritt. Zunächst ist nur seine Silhouette und künstlicher Nebel zu sehen, dann tritt er ans Pult. Eigentlich redet er erst am Donnerstag, doch der Immobilien-Mogul lässt sich einfach zu gern feiern.

Trump verschwindet wieder, nachdem er seine medienscheue Frau Melania angekündigt hat. Die 46-Jährige betont, dass "The Donald" Amerika genauso sehr wie sie liebe. Donnernd ist der Applaus, als das Ex-Model sagt: "Es gibt kein größeres Privileg auf der Welt als die amerikanische Staatsbürgerschaft."

Melania trägt ein enges, weißes Kleid und schildert, wie ihre Eltern ihr in Slowenien vermittelt hätten, dass Arbeit neben Familie das Wichtigste sei - und dass man seine Versprechen einhalten müsse. Diese Werte müssten an künftige Generationen weitergegeben werden.

Ihr Mann sei extrem loyal zu seiner Familie, seinen Geschäftspartnern und zu seinem Land. "Es gibt sehr viel Liebe in der Familie Trump, das ist unsere Stärke", ruft Melania. Ja, ihr Mann denke in großen Bahnen, aber dies sei von einem US-Präsidenten gefordert. Nur er könne die Stagnation durchbrechen und die Welt anführen. Sie betont, dass er alle vertreten werde: "Für Christen, Juden, Muslime ebenso wie für Weiße, Latinos, Schwarze und Asian Americans, für die Armen und die Mittelklasse."

Hillary Clinton wird als Sicherheitsrisiko und Lügnerin beschrieben

Auch wenn er Präsident sei, werde es mit Donald Trump immer "Drama und Aufregung" geben, doch Melania versichert, dass er sich stets auf Amerika konzentrieren werde. Als First Lady wolle sie sich dafür einsetzen, dass es Kindern, Frauen und den Armen besser gehe. Ihr Auftritt endet mit der Botschaft: "Donald Trump ist bereit, diesem Land als Präsident zu dienen." Das Ehepaar posiert für die Kameras, es gibt Küsschen und der 70-Jährige deutet stolz auf seine Frau - da ist noch nicht bekannt, dass eine Schlüsselpassage von einer acht Jahre alten Rede von Michelle Obama übernommen wurde.

Nach Melania Trumps Auftritt kehren die Republikaner sofort in ihre Welt der Verunsicherung und Wut zurück. Der Abend ist wie Fox News ohne Werbepause und wieso der Auftakt des Parteitags vorab "Bengasi-Abend" genannt wurde, wird schnell klar. Jene Nacht im September 2012, als vier US-Amerikaner im US-Konsulat in Libyen starben, dominiert. Ein Video mit dem raunenden Titel "Was wirklich in Bengasi passiert ist" reiht Anschuldigung an Anschuldigung - als Außenministerin habe Clinton fahrlässig gehandelt.

Zwei Mitglieder aus dem Sicherheitsteam schimpfen, dass sie nicht zur Rettung losgeschickt worden seien - obwohl nicht einmal die Republikaner im Kongress diese Behauptung belegen konnten, wiederholen die Männer diese Lüge. Pat Smith, deren Sohn in Bengasi getötet wurde, sagt: "Ich mache Hillary Clinton persönlich für den Tod von Sean verantwortlich. Sie hat mich angelogen und nun nennt sie mich Lügnerin."

Ob Senator oder Reality-TV-Star: Kaum ein Redner hat eine optimistische Vision

So geht es drei Stunden lang: Der schwarze Sheriff David Clarke aus Wisconsin, Dauergast bei Fox News, brüllt "Blue Lives Matter" und weist jegliche Kritik an der Polizei als ungehörig zurück. Die Republikaner geben das Bild einer ängstlichen, in die Ecke gedrängten Partei ab. Egal ob Reality-TV-Star, Ex-Unterwäschemodel oder Senator: Kaum ein Redner hat eine optimistische Vision.

Stattdessen reiht sich Untergangsszenario an Attacke auf die "Sozialisten" Obama und Clinton. Rudy Giulani raunt: "Die Mehrheit der Amerikaner fühlt sich unsicher." Als Präsident werde Trump die radikalislamischen Terroristen vernichten, donnert New Yorks Ex-Bürgermeister. Ein anderer spottet, dass Clinton gern Hosenanzüge trage: "Wir sollten ihr eine E-Mail schreiben und sagen, dass sie einen orangenen Anzug anziehen soll." Diese Kleidung ist in den USA in Gefängnissen vorgeschrieben - es schockiert, wie offen und wie häufig Hillary Clinton, die Kandidatin der Demokraten, als Kriminelle bezeichnet wird.

Natürlich ruft das Publikum oft genug "USA USA USA" und "Baut die Mauer". Zwei Mütter und ein Vater berichten, wie ihre Kinder von "kriminellen, illegalen Einwanderern" getötet wurden. Natürlich sind das schreckliche Fälle - aber hier dienen sie dazu, Teile der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen. Die Botschaft: Obama und die "Gaunerin Hillary" haben unsere Kinder getötet.

Factchecker entlarven die Halbwahrheiten und Lügen im Minutentakt

Dass die Factchecker im Minutentakt ihre Websites aktualisiert oder mit Tweets versuchen, die Zuspitzungen, Halbwahrheiten und Lügen zu entlarven, merkt in der Halle kaum jemand. Als sich die Konservativen abends in der Quicken Loans Arena versammeln, ist die Stimmung wieder gut. Am Nachmittag waren die Anti-Trump-Rebellen mit dem allerletzten Versuch gescheitert, durch einen Verfahrenstrick die Kandidatur des Milliardärs zu verhindern.

Um diese Revolte zu unterdrücken, wurden Trump-Mitarbeiter und Parteifunktionäre mit Ohrstöpseln und vorgedruckten Formularen ausgestattet, um schwankende Delegierte dazu zu bringen, ihre Unterstützung für den Mini-Putsch zurückzuziehen (Details hier).

Obwohl Donald Trump selbst niemals Militärdienst leistete, treten enorm viele Soldaten auf. Besonders gefeiert werden die jungen Senatoren Joni Ernst und Tom Cotton, die ihrem Land im Ausland gedient haben - und Obama als schwach attackieren, dem Soldaten egal seien.

Es ist bezeichnend für diesen Abend, dass der allerletzte Redner zur besten Sendezeit damit bekannt wird, Hillary Clinton als "Antichrist" bezeichnet zu haben. Trump, der mehr "Showbiz" für diesen Parteitag versprochen hat, ist vom Programm offenbar nicht gebannt - mittendrin gibt er Fox News ein 11-Minuten-Telefon-Interview und beansprucht so alle Aufmerksamkeit für sich.

Von Einigkeit, Toleranz und Überparteilichkeit ist nichts zu spüren

Wie sehr Trump seinen Reagan-Spruch verinnerlicht hat und auf eindeutige Botschaften setzt, verdeutlichen die Leitthemen der weiteren Abende. Morgen geht es weiter mit "Make America Work Again", bevor anschließend die Außenpolitik von Hillary Clinton und Barack Obama unter "Make America First Again" attackiert werden soll.

Wenn Donald Trump in der Nacht auf Freitag seine Nominierung annimmt und seine Rede halten wird, lautet das Motto des Abends "Make America One Again". Dann will der wohl unbeliebteste Präsidentschaftskandidat aller Zeiten (sieben von zehn US-Bürgern mögen ihn nicht) beweisen, dass er das zutiefst gespaltene Land zusammenführen kann. Wie ihm das gelingen soll, bleibt nach diesem Abend voller Zorn und Frust rätselhaft.

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