Kurioses:Von Krokodilen und Anarchisten

Kurioses: So sehen Sieger aus: Klaus Augenthaler mit Meisterschale im Entmüdungsbecken.

So sehen Sieger aus: Klaus Augenthaler mit Meisterschale im Entmüdungsbecken.

(Foto: Imago)

Abschied in Unterhose, Putsch gegen den Präsidenten, Pleiten gegen Amateurvereine: Die Geschichte des FC Bayern ist reich an merkwürdigen Begebenheiten.

Von Johannes Kirchmeier

Die Geschichte des FC Bayern München ist nicht nur geprägt von großen sportlichen Erfolgen. In den 120 Vereinsjahren gab es auch zahlreiche, bisweilen amüsante Kuriositäten. Die SZ präsentiert eine kleine Auswahl davon.

In Kutschen zum Löwenbräu

Es fing schon mit dem ersten Meistertitel 1932 an, den die Münchner der Legende nach mit einem Lederball aus der Haut einer oberbayerischen Kuh gewannen. Schon damals zeigte sich der Klub im buchstäblichen Sinn als Vorreiter. Bayerns Landeshauptstadt erlebte ihren ersten Meisterkorso - wenngleich die Spieler noch nicht in Autos eines Sponsors chauffiert wurden, sondern mit je zwei Pferdestärken in Kutschen. In diesen fuhr die siegreiche Mannschaft vom Hauptbahnhof zum Marienplatz. Die große Meistersause fand danach im Löwenbräukeller statt. Was heute angesichts des lokalen Fußballrivalen undenkbar erscheint, war jahrzehntelange Normalität: Die Bayern und der brauende Löwe gehörten fest zusammen - das Wirtshaus am Stiglmaierplatz war das Vereinslokal des Fußballklubs.

Wenn Bayern feiern

Meisterschaften, laut Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge das "Brot-und-Butter-Geschäft" des Vereins, schmecken den Bayern-Spielern wie anderen Münchnern der Schweinsbraten am Sonntagmittag. 29 Meistertitel haben die Münchner bislang gewonnen - und nicht immer ging es so sittsam zu wie bei der ersten Feier. Libero Klaus Augenthaler badete 1989 halb nackt mit seinen Mitspielern, der Meisterschale und mehreren Flaschen Sekt im Entmüdungsbecken. Zwei Jahre zuvor jubelte Trainer Udo Lattek beim Abschied vom FC Bayern auf dem Siegerfoto im Olympiastadion in T-Shirt und Unterhose, umringt von vollbekleideten Spielern. Feiern können die Bayern natürlich auch während der Saison - aber nicht immer gingen die Feten glücklich aus: Die Sause von Sven Scheuer und Mario Basler in der Trattoria da Fernando im Oktober 1999 in Regensburg endete mit der Suspendierung der beiden Spieler.

Wenn Bayern scheitern

Auch beim großen FC Bayern klappt bei Weitem nicht immer alles so, wie sich die Verantwortlichen des Vereins das vorstellen. Ein Beispiel dafür ist das Eishockey-Team, das die Münchner 1966 ins Rennen schickten. Nach drei Jahren verkauften sie es ungerührt samt Ausrüstung nach Augsburg weiter. In den 1990er-Jahren bekam der Klub dann einen nicht gerade schmeichelhaften Spitznamen verpasst: "FC Hollywood". In diese Zeit fallen auch große Blamagen. Allein die Ortsnamen Weinheim und Vestenbergsgreuth erheitern immer noch die Fußballfans der Nation. Die beiden Regionalligisten gewannen 1990 und 1994 jeweils 1:0 gegen den Meister FC Bayern im DFB-Pokal. "Es war der perfekte Tag", sagte der Vestenbergsgreuther Torschütze Roland Stein im vergangenen Sommer zur SZ. Alljährlich rufen ihn die Journalisten im August an, um über die fränkische Pokalsensation zu sprechen, bei der "auch eingefleischte Bayern-Fans mitjubelten", wie er sich erinnert.

Revolution in München

Einige Jahre zuvor lieferte der FC Bayern aus anderen Gründen Nachrichtenstoff: Torhüter Sepp Maier war sogar im Heute-Journal des ZDF zugeschaltet. "Ich bin kein Anarchist, wie man mich betitelt hat", sagte er. "Ich bin nur der Mannschaftssprecher des FC Bayern. Und was mir die Spieler zutragen: Das ist meine Pflicht, dass ich das dem Herrn Präsidenten mitteile." Maiers Worte verraten: Es waren brisante Tage im März 1979 in München, an dessen Ende die Fußballer ihren Präsidenten Wilhelm Neudecker gestürzt hatten. Neudecker wollte gegen den ausdrücklichen Willen der Mannschaft als Trainer Max Merkel, bekannt als "harter Hund" und als Meistercoach des Lokalrivalen TSV 1860, installieren. Die Spieler mit ihren Frontmännern Sepp Maier und Paul Breitner revoltierten - damals ein fast unerhörter Vorgang: "Anarchisten" und "Gewerkschaftsbosse" nannte sie der Bauunternehmer Neudecker. "Die Mannschaft hat sich, angeführt durch den Mannschaftskapitän Sepp Maier, gegen Max Merkel und damit auch gegen meine Person ausgesprochen", teilte er bei seinem Rücktritt mit. Merkel kam nicht, Pal Csernai blieb noch vier weitere Jahre Trainer - und der FC Bayern begründete seinen Ruf als "Spielerverein".

Die Tücken des Transfermarktes

Nicht immer waren neu verpflichtete Spieler die Verstärkungen, die sich der Verein erhoffte: Die ersten beiden Brasilianer im August 1991, Mazinho und Bernardo, entpuppten sich zum Beispiel keineswegs als die von Manager Uli Hoeneß erwünschten Ballzauberer. Mazinho blieb drei Jahre, Bernardo war nach wenigen Monaten bereits wieder weg. Allerdings nicht ohne eine Anekdote zu hinterlassen: Libero Augenthaler schmiss ihn bei einer Floßfahrt kurz vor der Saison in die Isar und schrie: "Crocodiles!" Bernardo schwamm um sein Leben. "Wie Mark Spitz ist der geschwommen", berichtete Augenthaler.

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