Kurden im Irak:Kurdenpräsident Masud Barzani will nicht mehr kandidieren

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Masud Barzani bei seiner Fernsehansprache am Sonntagabend. (Foto: REUTERS)
  • Iraks Kurdenpräsident Masud Barzani hat seinen Rückzug angekündigt.
  • In einer Fernsehansprache bestätigte er den Schritt, den er dem Regionalparlament vorher per Brief mitgeteilt hatte.
  • Aus der Politik zieht er sich damit jedoch nicht zurück: Im Hohen Politischen Rat soll er die Unabhängigkeit der Kurden mit voranbringen.

Der Präsident der autonomen Kurdenregion Masud Barzani tritt zurück. Das bestätigte Barzani in einer TV-Ansprache am Sonntagabend. Demnach werde er seine Amtszeit nicht über den 1. November hinaus verlängern. Er werde jedoch Kurdistan als Peschmerga-Kämpfer erhalten bleiben. "Ich werde meinem Volk weiterhin dienen", schrieb der 71-Jährige auf Twitter. Er werde "derselbe Peschmerga" bleiben, der er vor und während seiner Amtszeit gewesen sei.

Zuvor hatte Barzani das Regionalparlament über seine Absicht bereits in einem Brief informiert. "Nach dem 1. November werde ich meine Funktionen nicht mehr ausüben und ich lehne es ab, dass mein Mandat verlängert wird", hieß es Nachrichtenagenturen zufolge in dem Schreiben. Barzanis Befugnisse sollten unter der Regionalregierung, dem Parlament und der Justiz aufgeteilt werden, sagte ein Regierungsvertreter.

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Sein engster Berater Hemin Hawrami teilte aber mit, Barzani werde in der kurdischen Politik aktiv bleiben und dem Hohen Politischen Rat angehören - einem neu geschaffenen Führungsgremium, das die Wahlkommission ablösen und für alle Belange im Zusammenhang mit der angestrebten Unabhängigkeit zuständig sein soll, darunter Verhandlungen mit der Zentralregierung und anderen Staaten.

Eine Reaktion des Parlaments auf Barzanis Absichtserklärung steht jedoch noch aus - da es seit 2015 nicht mehr zusammengetreten ist, regiert Barzani bereits seit rund zwei Jahren ohne Mandat.

Irakische Armee intervenierte nach Unabhängigkeitsreferendum

Barzani, seit 2005 Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Irak und Chef der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK), hatte zuletzt schwere militärische Rückschläge gegen die Streitkräfte der Zentralregierung hinnehmen müssen. Die Kurden hatten am 25. September in einem Referendum für die Unabhängigkeit vom Irak gestimmt. Die irakische Regierung schickte daraufhin die Armee in die ölreiche Region. Kirkuk liegt außerhalb des offiziellen kurdischen Autonomiegebietes, wird von vielen Kurden aber als Zentrum ihres Vaterlandes angesehen.

Barzani verurteilte den Armee-Einsatz als "nicht verfassungsgemäß" und nannte ihn "eine Fortsetzung derselben Mentalität und Genozid-Kultur gegen die Kurden", die schon lange im Irak herrsche. Er hoffe, Bagdad werde sich noch gesprächsbereit zeigen.

Der Rückschlag in Kirkuk hat auch die bestehenden Spannungen zwischen der DPK und der anderen großen Kurdenpartei Patriotische Union Kurdistans (PUK) weiter verschärft. Viele Kurden geben Barzani eine Mitschuld. Forderungen nach einem Rücktritt Barzanis waren in den vergangenen Tagen immer lauter geworden.

Wegen des Streits wurden bereits die für den 1. November angesetzten Wahlen in der Autonomieregion verschoben. Am Wochenende berieten Vertreter der Peschmerga und der irakischen Streitkräfte über eine Lösung des Konflikts.

Ministerpräsident Haider al-Abadi sagte, bei den Gesprächen gehe es um die friedliche Stationierung irakischer Soldaten an den Grenzübergängen der Kurdengebiete zur Türkei, Iran und Syrien. Er hatte am Freitag eine 24-stündige Unterbrechung von Militäreinsätzen angeordnet. Bis vor kurzem kämpften Peschmerga, von den USA unterstützte irakische Soldaten und pro-iranische Milizen gegen die Islamisten-Miliz IS. Mit dem Niedergang des IS im Irak ist jedoch diese Allianz auseinandergebrochen.

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