Kundus-Affäre:Guttenberg wehrt sich gegen Täuschungsvorwurf

"Ich gehe davon aus, dass die Herren lesen können": In der Kundus-Affäre weist der Minister den Vorwurf der Lüge zurück - und kontert mit Anschuldigungen gegen die Opposition.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lehnt einen Rücktritt wegen seiner Informationspolitik zu dem tödlichen Luftangriff von Kundus ab. Er werde, "auch wenn es mal stürmt, stehen bleiben", sagte der CSU-Politiker dem Fernsehsender RTL. "So bin ich erzogen und so will ich das auch handhaben."

Guttenberg, AP

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kontert Vorwürfe der Lüge und Täuschung mit eigenen Anschuldigungen.

(Foto: Foto: AP)

Die Anschuldigungen, er habe die Öffentlichkeit über die Umstände des Angriffs vom 4. September in Nordafghanistan getäuscht, wies er erneut zurück. Er habe seine erste Einschätzung, der Einsatz sei militärisch angemessen gewesen, als Fehler korrigiert, weil er nicht alles gewusst habe. Der entlassene Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan habe inzwischen "klargestellt, dass mir Dokumente vorenthalten wurden", sagte Guttenberg am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München.

Seinen Kritikern aus der Opposition warf der Verteidigungsminister vor, die Details des Luftangriffs von Kundus schon lange zu kennen. Die Fraktionen seien am 6. November darüber unterrichtet worden, dass auch die Taliban Ziel des Bombardements waren. Auch die Opposition sei darauf hingewiesen worden.

Im Video: Der Bundesverteidigungsminister sagte am Montag in München, die Opposition habe spätestens seit dem 3. November auch die Möglichkeit gehabt, den COM-ISAF-Bericht einzusehen.

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"Was den Vorwurf der Täuschung und der Lüge in meiner Amtszeit betrifft, kann ich nur sagen, dass sich Herr Gabriel und Herr Trittin hüten müssen, sich nicht selbst dem Vorwurf der Täuschung auszusetzen", sagte Guttenberg an die Adresse von SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin. Beide hätten schon am 3. November Gelegenheit gehabt, den Isaf-Bericht über den Bundeswehr-Einsatz bei Kundus einzusehen "und ich gehe davon aus, dass beide Herren lesen können", sagte Guttenberg.

Rücktrittsforderungen der Opposition

Zuvor hatten Gabriel und Trittin Guttenberg den Rücktritt nahegelegt. Der Minister müsse an sich die gleiche Messlatte anlegen lassen wie sein Vorgänger Franz Josef Jung, sagte Gabriel am Sonntag. Die Spitze des Verteidigungsministeriums habe seit langem gewusst, dass das eigentliche Ziel des Angriffs eine Gruppe von Taliban gewesen sei. Trotzdem habe sie an der Darstellung festgehalten, es sei lediglich um die Zerstörung von zwei entführten Tanklastern gegangen.

Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin legte dem Verteidigungsminister einen Rücktritt nahe, falls sich dieser der bewussten Falschaussage schuldig gemacht habe. Sollten der entlassene Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und der frühere Staatssekretär Peter Wichert vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss bei ihrer Darstellung der Abläufe bleiben, "dann ist zu Guttenberg nicht zu halten", sagte Trittin am Morgen im ZDF.

Schneiderhahn hatte die Vorwürfe, er habe Informationen zurückgehalten, bislang zurückgeweisen. Der Minister habe alle wesentlichen Informationen zum Angriff von Kundus gekannt, als er den Luftschlag am 6. November öffentlich als "angemessen" eingestuft habe, sagte Schneiderhan am Sonntagabend in der ARD.

Rückendeckung aus der Union

CSU-Chef Horst Seehofer sprach Guttenberg in der CSU-Vorstandssitzung sein "uneingeschränktes Vertrauen" aus. Dies sei mit langem Applaus quittiert worden, hieß es in Teilnehmerkreisen.

Auch die CDU hat sich hinter den Verteidigungsminister von der Schwesterpartei gestellt. "Karl-Theodor zu Guttenberg hat unser uneingeschränktes Vertrauen im Hinblick auf seinen Kurs, Transparenz in die Sache hineinzubringen, in Entscheidungen vor Beginn seiner Amtszeit", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Montag nach Sitzungen der Parteispitze in Berlin. "Er steht dafür, die Dinge aufzuarbeiten und selber nicht davor zurückgescheut zu haben, bei wichtigen Aufarbeitungsschritten auch ein eigenes Urteil zu korrigieren."

Die CDU-Spitze wies den Vorwurf eines Strategiewechsels der Bundeswehr in Afghanistan zurück. "Es ist abwegig, dass es da einen geheimen Strategiewechsel gegeben habe", sagte Gröhe. Die Verlängerung des Bundestagsmandats für den Einsatz, die Mannschaftsstärke und die Verhaltensregeln seien in breiter parlamentarischer und öffentlicher Beteiligung erörtert worden.

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