Kultur:Fluch der Sekhemka

Die englische Stadt Northampton verkaufte eine antike ägyptische Statue - und trat damit einen internationalen Streit los, dessen Lösung nur noch schwer abzusehen ist.

Von Alexander Menden

Zwei Fragen bewegen derzeit die Welt der Museen: Wie kann man Kulturgut bewahren, das aus dem Nahen Osten herangeschafft wurde? Und: Wie kann man verhindern, dass klamme Museen Kunstschätze einfach auf dem freien Markt verhökern? In England gibt es einen Fall, bei dem die Probleme zusammenkommen.

Im Juli 2014 versteigerte das Londoner Auktionshaus Christie's eine altägyptische Statue aus der Sammlung des Museums von Northampton. Die mehr als 4000 Jahre alte sogenannte Sekhemka-Skulptur erzielte mit 19,8 Millionen Euro den bis dahin höchsten Preis für ein ägyptisches Artefakt. Schon damals hatte die ägyptische Regierung offiziellen Protest eingelegt, hatte ihr Londoner Botschafter eine Verschiebung der Auktion gefordert. Dem kam Christie's nicht nach; die Skulptur ging an einen ausländischen Käufer.

Doch angesichts massiver Proteste - auch eine Bürgerinitiative aus Northampton, darunter der bekannte Comicbuch-Autor Alan Moore, machte sich für einen Verbleib der Sekhemka-Statue stark - verhängte die britische Regierung zunächst einen Exportstopp für das Kunstwerk. Dieser ist am Freitag ausgelaufen, und die Frage ist: Was geschieht nun mit Sekhemka?

Die Statue, die vermutlich einen hochrangigen Verwalter der 5. Dynastie darstellt, wurde in Sakkara bei Kairo entdeckt und bereits im 19. Jahrhundert von einem adeligen Sammler dem Northampton Museum gestiftet. Ob Spencer Compton, der Second Marquis of Northampton, Sekhemka 1850 überhaupt regulär erstand, ist nicht mehr zweifelsfrei nachzuvollziehen. Mit dem Verkauf wollte die Stadtverwaltung von Northampton jedenfalls den geplanten Ausbau des Museums finanzieren. Dieses Geld wird sie auch brauchen, sollte Sekhemka tatsächlich das Land verlassen: Das für Kultursubventionen zuständige englische Arts Council zeigte sich "sehr enttäuscht" über den Verkauf und entzog Northampton schließlich sämtliche öffentliche Fördermittel.

Das britische Kulturministerium stellt eine Verlängerung des Exportverbots bis Ende März kommenden Jahres in Aussicht - aber nur für den Fall, dass eine realistische Chance besteht, "die Statue für die Nation zu bewahren". Genau das ist das Ziel der britischen "Save Sekhemka Action Group", die gerne die Mittel zusammenbrächte, um die Statue für das British Museum zu erwerben. Danach sieht es allerdings momentan nicht aus.

Ägyptens Antikenminister Mamdouh el-Damaty hat jetzt in der internationalen Presse Protestanzeigen geschaltet. Und er ruft die Bürger seines Landes dazu auf, knapp 20 Millionen Euro zu spenden, um Sekhemka zurückzukaufen. Hier sind die Erfolgschancen noch geringer, denn um die Statue nach Kairo zurückreisen zu sehen, würde die britische Regierung den Ausfuhrstopp sicher nicht verlängern.

Northampton hat derweil auf die allseitige Kritik mit dem Hinweis reagiert, jede etwaige juristische Auseinandersetzung sei allein Sache des gegenwärtigen Eigentümers sowie der Regierungen Großbritanniens und Ägyptens. Die Stadtverwaltung, so Sprecherin Mary Markham, "würde rückblickend jedenfalls wieder genauso verfahren".

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