Künstliche Intelligenz:Warnung vor den autonomen Killern

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Auch Kalaschnikow, bekannt für seine Gewehre, baut ferngesteuerte Waffensysteme und verleiht manchen gar das typische Aussehen eines Roboters. (Foto: Pavel Golovkin/dpa)

Human Rights Watch berichtet über neue "intelligente" Waffensysteme. Demnach lehnen 30 Staaten sogenannte "Roboterkiller" ab. Jedoch kaum europäische.

Von Francesca Polistina

Seit Jahren diskutieren viele Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen über ein Verbot autonomer Waffen - bisher ohne Erfolg. Die Unterstützung für eine Regulierung wird aber breiter. Zu dem Schluss kommt die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch in einem am Montag vorgestellten Bericht, der die Positionen der Länder durchleuchtet.

30 Staaten haben sich demnach bisher gegen diese Waffen positioniert und für ein internationales Verbot ausgesprochen, aus Europa allerdings nur Österreich und der Vatikan. Deutschland spricht sich zwar gegen autonome Waffen aus, will sie aber nicht ächten: Aktivisten betrachten und kritisieren diese Position deshalb als "ambivalent".

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Die von Kritikern "Killerroboter" genannten Waffen sind vollautonome Systeme, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind und ohne menschliche Steuerung Ziele selektieren und angreifen können. Technologien wie Drohnen oder Roboter-Panzer existieren bereits, werden aber vorerst teilautonom betrieben. Das heißt: Ein Mensch gibt den Feuerbefehl. Die Forschung, ausgestattet mit viel Geld, schreitet aber voran, vollautonome Waffen gelten nicht mehr als reine Science-Fiction.

Forscher und Aktivisten betrachten diese Entwicklung solcher Waffen als dritte Revolution der Kriegsführung nach Erfindung des Schwarzpulvers und der Nuklearwaffen. Schon 2018 urteilte Human Rights Watch, dass ihr Einsatz nur schwer mit dem Völkerrecht vereinbar sei. Auch UN-Generalsekretär António Guterres sprach sich für ein Verbot durch internationales Recht aus und nannte autonome Waffen "politisch inakzeptabel und moralisch abstoßend". Zu den Hauptargumenten der Kritiker gehört, dass solche Waffen bei Angriffen nicht in der Lage sind, zwischen Kämpfenden und Zivilisten zu unterscheiden, und dass die Welt durch diese Systeme nicht friedlicher werde.

Einige Staaten investieren massiv in die Forschung

Eine Einigung auf ein internationales Verbot gilt jedoch derzeit als fast unmöglich, obwohl eine weltweite Kampagne zum Verbot von "Killerobotern" mehr Aufmerksamkeit erhält. Denn Entscheidungen im Rahmen der UN-Waffenkonvention CCW (Convention on Certain Conventional Weapons) erfolgen im Konsens, jeder Vertragsstaat hat Vetorecht. Und viele Länder wie die USA und Russland, die als Vorreiter auf dem Gebiet gelten, aber auch China, Großbritannien, Israel und Südkorea investieren massiv in diesen Bereich und misstrauen teils den anderen Staaten so sehr, dass sie nicht ins Hintertreffen geraten wollen - die klassische Logik der Aufrüstung.

Laut dem neuen Report von Human Rights Watch haben 97 Länder, auch Deutschland, immerhin ihre Position zu tödlichen autonomen Waffensystemen klar formuliert. Nur die wenigstens setzen dabei allerdings auf ein Verbot. Zu Letzteren gehören fast nur südamerikanische, afrikanische und asiatische Staaten wie Argentinien, Brasilien, Chile, Ägypten, Marokko, Uganda und Pakistan. Weltmacht China will offiziell den Einsatz autonomer Waffen verbieten, nicht aber ihre Erforschung, das Land arbeitet mit Hochdruck an solchen Techniken.

Auch die Pandemie spielt eine Rolle

Auch wenn es zu einer Regulierung kommen sollte, verschwinden deshalb die autonomen Waffen nicht unbedingt. Das zeigen andere Vorbilder: Die UN-Chemiewaffenkonvention trat vor 23 Jahren in Kraft, wird jedoch weiterhin immer wieder gebrochen, wie im Syrien-Konflikt. Bei den Atomwaffen wartet der Vertrag von 2017 darauf, von mindestens 50 Ländern ratifiziert zu werden, um in Kraft treten zu können.

Für den Montag war eigentlich ein Treffen von Mitgliedstaaten der UN-Waffenkonvention in Genf zu Gesprächen über die autonomen Waffensysteme geplant, doch es wurde wegen der Corona-Pandemie verschoben. Die Pandemie bremse die Diplomatie gerade zwar aus, es sei aber wichtig, auf "existenzielle Bedrohungen der Menschheit wie Killerroboter zu reagieren", das betonte Mary Wareham von Human Rights Watch.

© SZ vom 11.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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