Süddeutsche Zeitung

Künftiger US-Außenminister:Rex Tillerson, ein Funken Hoffnung in Trumps Kabinett

Der designierte US-Außenminister wirkt wie der Anti-Trump: pragmatisch, vernünftig und verlässlich. Aber kann er sich gegen seinen Chef behaupten?

Kommentar von Sacha Batthyany, Washington

Rex Tillerson, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Exxon Mobil, bezeichnete sich in den Anhörungen im Senat in Washington als Pragmatiker. Immer wieder wies er darauf hin, er habe als Ingenieur Erfahrung "in der Lösung komplexer Sachverhalte". Er informiere sich und suche in Absprache mit Experten nach der besten Lösung. Außerdem sei er Texaner, scherzte er, ruhig und ausgewogen. Schon als Kind bei den Pfadfindern habe er alles über Gerechtigkeit gelernt und darüber, wie man eine Gruppe führe und Verantwortung übernehme.

Tillerson erwähnte jedoch nicht, dass Ruhe und Ausgewogenheit allein nicht reichen, um bis an die Spitze des Ölmultis zu gelangen, und dass bei Milliarden-Deals mit Wladimir Putin in der Arktis vielleicht nicht alles gerecht zugegangen ist.

Schwer vorstellbar ist es auch, wie sich Tillerson nach all den Jahren als CEO von Exxon unvoreingenommen in den diplomatischen Dienst fügen und nationale Interessen vor private stellen soll, etwa wenn es um Sanktionen gegen Russland geht, die seinem bisherigen Unternehmen massive Einbußen bereiten. Doch Tillersons Pragmatismus blitzte in den Anhörungen verschiedentlich hervor. Er sprach wie ein Geschäftsmann. Nicht wie ein Ideologe.

Tillerson findet vor allem klare Worte in Richtung Putin

Tillerson ist ein moderater Republikaner, im Gegensatz zu dem Nationalisten John Bolton, der als sein Stellvertreter vorgesehen ist. In der Befragung sprach sich Tillerson gegen einen pauschalen Einwanderungsstopp für Muslime aus und gegen Folter. Er räumte ein, dass es einen Klimawandel gebe und man handeln müsse.

Er bekräftigte auch die Allianz mit der Nato. Nur gemeinsam, so Tillerson, könne man globalen Problemen entgegentreten. Da klang er wie ein viel verlässlicherer und vernünftigerer Ansprechpartner als Trump, der mit seinen "America first"-Parolen Konzerthallen füllt, die Nato je nach Laune kritisiert und damit droht, das Pariser Klimaabkommen zu kippen.

Vor allem fand Tillerson klare Worte in Richtung Putin. Er bezeichnete Russland als "Gefahr". Die Annexion der Krim sei ungerechtfertigt. Damit wich Tillerson deutlich von Trump ab, der um den Kreml einen Balztanz aufführt. Tillerson benötigte nur wenige Minuten, um seine Haltung gegenüber Putin deutlich zu machen. Trump lässt eine solche Haltung seit Monaten vermissen. Es heißt, Trump habe Tillerson nicht einmal gekannt, bevor er ihn als obersten Diplomaten vorschlug. Der CEO des Ölkonzerns Exxon wurde ihm von der früheren Außenministerin Condoleezza Rice empfohlen. "Das war", schrieb ein Kolumnist, "Condis beste Tat."

Die Frage bleibt, ob sich Tillersons Pragmatismus durchsetzen kann gegen einen Chef, der es vorzieht, von seinem Sessel aus und über sein Smartphone ins Weltgeschehen einzugreifen. Angesprochen auf Dissonanzen mit seinem künftigen Boss antwortete Tillerson, er habe Trumps Telefonnummer und werde dies mit ihm besprechen. Voraussetzung dafür ist, dass Trump nicht gerade am Twittern ist und den Anruf überhaupt entgegennimmt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3329719
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 13.01.2017/fued
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.