Kühnerts Thesen:"Methode Donald Trump"

Der Kollektivierungs-Vorstoß erregt die Gemüter: Betriebsräte und SPD-Prominente attackieren Juso-Chef Kühnert.

Von Mike Szymanski

BerlinDie Aufregung um die von Juso-Chef Kevin Kühnert angestoßene Sozialismus-Debatte hält an. In der SPD hat vor allem die harsche Reaktion des BMW-Betriebsratschefs Manfred Schoch für Empörung gesorgt. Nachdem Kühnert in einem Zeit-Interview auf BMW angesprochen worden war und sich für eine "Kollektivierung" solch großer Unternehmen ausgesprochen hatte, hagelte es Kritik. Schoch sagte der Wirtschaftswoche: "Für Arbeiter deutscher Unternehmen ist diese SPD nicht mehr wählbar." Ähnlich äußerte sich später der Gesamtbetriebsrat bei Daimler. Dies will die SPD so nicht stehen lassen.

Der SPD-Wirtschaftsexperte und Mittelstandsbeauftragte der Partei, Harald Christ, verwies darauf, dass Kühnert Vorsitzender des linken Parteinachwuchses sei und mitnichten für die gesamte SPD spreche. Innerhalb der Partei sei seine Position "nicht mehrheitsfähig". "Daraus nun eine Wahlempfehlung gegen die SPD zu treffen, wird Zehntausenden engagierten Menschen, die sich in der Partei, aber auch in Betriebsräten und Gewerkschaften für die Interessen der Arbeit einsetzen, nicht gerecht", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Die SPD werde "in ein schräges Licht" gesetzt, sagt Ex-Parteichef Gabriel

Die SPD habe sich historisch, aber auch jetzt wieder in der derzeitigen Regierung, durch gute Initiativen größere Verdienste erworben. Gewerkschaften und Betriebsräte würden das "zunehmend auch wieder anerkennen". Daran werde auch ein einzelnes Interview nicht ändern. Christ selbst hatte Kühnerts Äußerungen als "absurd und abwegig" bezeichnet. Die Parteispitze hat sich von den Äußerungen distanziert.

Aber auch am Wochenende kam die Partei nicht zur Ruhe. Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel hat in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt Kühnert scharf angegriffen: "Bewusste Tabubrüche, das Ignorieren von Fakten und Empirie, das Mobilisieren populistischer Sehnsüchte und die Inkaufnahme der Beschädigung der eigenen Partei: Das ist übrigens die Methode Donald Trump. Nur der mediale Effekt und das eigene Ego sind wichtig", schrieb er. Parteikollegen warf er "unsichere und zum Teil dümmliche Reaktionen" auf Kühnert vor, wodurch die SPD "in ein schräges Licht" gesetzt worden sei. Kühnert reagierte nach Erscheinen des Gabriel-Beitrags via Twitter. Die an ihn gerichteten Zeilen entbehrten "nicht einer gewissen Komik".

Vor allem Vertreter von CDU und CSU griffen am Wochenende bei Veranstaltungen vor den anstehenden Wahlen in Kommunen, Bundesländern und zum Europäischen Parlament die Kühnert-Äußerungen auf. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte: "Ich hätte nie geglaubt, dass unser alter Wahlslogan 'Freiheit statt Sozialismus' noch mal bei einer Wahl so aktuell werden wird."

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