Kubas neuer Vizepräsident Díaz-Canel:Geschickter Verwalter des rostigen Räderwerks

Miguel Diaz Canel Kuba Castro Nachfolger

30 Jahre lang hat sich Díaz-Canel im Parteiapparat nach vorne gearbeitet.

(Foto: AP/dpa)

Neues Gesicht in der kubanischen Politik. Raúl Castro präsentiert Miguel Díaz-Canel als Vizepräsidenten. Es ist ein Mann nach dem Geschmack Castros, der angetreten ist, das Land mittels winziger Drehungen an wirtschaftlichen und politischen Stellschrauben für die postkommunistische Welt fit zu machen.

Von Sebastian Schoepp

Es ist die Eigenart abgeschlossener politischer Systeme, dass man nie recht weiß, wer sich in ihrem Inneren nach oben arbeitet - um dann plötzlich den Deckel beiseitezuschieben und ins Licht zu treten. Kuba ist so ein undurchsichtiges System, und als Präsident Raúl Castro am Sonntag seine neue Nummer zwei präsentierte, war das Rätselraten unter den Kuba-Exegeten von Miami bis Madrid groß, was von diesem Mann zu erwarten ist: Miguel Díaz-Canel ist neuer Vizepräsident des Staatsrates und wäre als solcher der logische Kandidat für die Nachfolge als Staatschef.

Díaz-Canel ist ein grau melierter, ernst dreinblickender Elektroingenieur, von dem man weiß, dass er sich zäh und zielstrebig 30 Jahre lang im Parteiapparat nach vorne gearbeitet hat; ein Technokrat, der mehr Solidität als Charisma verströmt - ein Mann also nach dem Geschmack von Raúl Castro, der angetreten ist, das rostige kubanische Räderwerk mittels winziger Drehungen an wirtschaftlichen und politischen Stellschrauben für die postkommunistische Welt fit zu machen.

"Solide ideologische Festigkeit"

Wer Kuba genau beobachtete, konnte den früheren Bildungsminister Díaz-Canel jüngst bei prestigefördernden Einsätzen erleben. Im Januar sprach er in Caracas bei einer Unterstützungsveranstaltung für den kranken venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, Kubas wichtigsten Verbündeten. Bei seiner Vorstellung am Sonntag lobte Castro die "solide ideologische Festigkeit" von Díaz-Canel, der sich Verdienste erworben habe um die Öffnung der Wirtschaft.

Von Leuten, die ihn kennen, wird er als geschickter Verwalter geschildert, ein Ideologe zwar, aber "ein Mann, mit dem man reden kann" und der nicht zu viel trinke, wie ein kubanischer Journalist zur Nachrichtenagentur AP sagte.

Als junger Mann kam Díaz-Canel angeblich mit dem Regime in Konflikt, weil er die Beatles hörte, damals verpönt auf Kuba. Dieser Vorliebe soll er treu geblieben sein, ebenso wie dem Fahrrad, das er in seiner Zeit als Parteisekretär in Santa Clara als Verkehrsmittel der Zukunft propagierte. Das ist in Kuba allerdings kein grün-revolutionärer Akt, den meisten Kubanern bleibt mangels anderer Möglichkeiten gar nichts anderes übrig, als in die Pedale zu treten.

Jungspund in Kubas Gerontokratie

Yoani Sánchez, Kubas prominenteste Dissidentin, der im Zuge der neuen Offenheit gerade ein Trip um die Welt gestattet wurde, sagte: Díaz-Canel sei ein Fortschritt für Kuba, allerdings weniger im Sinne ideologischer Offenheit, "sondern weil er jünger als 80 Jahre ist".

In der Tat ist er mit 52 ein Jungspund in Kubas Gerontokratie. Raúl Casto, 81, hat sich vom Parlament gerade als Staatschef für weitere fünf Jahre abnicken lassen. Immerhin versprach er, dies sei seine letzte Amtszeit. So lange hat Díaz-Canel also Zeit, sich an der Staatsspitze einzuspreizen - wenn man ihn lässt. Carlos Lage, der vor Jahren mal als Gorbatschow Kubas galt, wurde abgesägt, weil er zu ehrgeizig vorpreschte. Nun praktiziert er wieder als Kinderarzt in einem Vorort Havannas.

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