Kuba:88? 89? 90?!

"Mein guter Freund Roosvelt" - ein Brief des jungen Fidel Castro in brüchigem Englisch sät Zweifel an seinem offiziellen Alter.

Von Benedikt Peters

Am 25. November 1940 erreicht ein handgeschriebener Brief das Weiße Haus in Washington. "Mein guter Freund Roosvelt", beginnt der Verfasser in noch nicht ganz sicherer Rechtschreibung, "ich kann nicht sehr Englisch, aber ich kann genug, um Ihnen zu schreiben." Der Absender ist ein kubanischer Junge. Er gratuliert dem Adressaten Franklin D. Roosevelt zur Wiederwahl als US-Präsident. Am Ende des Briefes äußert er eine Bitte: "Wenn Sie mögen, schicken Sie mir eine grüne amerikanische Zehn-Dollar-Note, denn ich habe noch nie eine grüne amerikanische Zehn-Dollar-Note gesehen und würde gerne eine davon haben wollen."

Es ist Fidel Castro, der da schreibt, der spätere kubanische Revolutionsführer, der an diesem 13. August offiziell seinen 90. Geburtstag feiert. Seit Wochen bereitet sich die sozialistische Karibikinsel auf das Ereignis vor.

Doch der Brief des jungen Castro sät Zweifel daran, dass er in diesem Jahr tatsächlich 90 Jahre alt wird. Er sei zwölf Jahre alt, schreibt Castro darin. Im November 1940 geht das Schreiben im US State Department ein, wie ein Stempel besagt. Wenn Castros Angabe stimmt, dann wird er an diesem Samstag erst 88 Jahre alt. Mehrere seiner Biografen, darunter auch der Deutsche Volker Skierka, halten den Brief für echt. Gleichwohl könnte Castro geflunkert haben. Castro selbst hat zu dem Brief nie Stellung genommen.

Es gibt auch Spekulationen, dass der Revolutionsführer nicht zwei, sondern ein Jahr jünger sein könnte als offiziell angegeben. Seit der Veröffentlichung eines Buchs der brasilianischen Historikerin Claudia Furiati von 2002 spricht vieles dafür, dass sie stimmen. Furiati schreibt, Castros Vater Angel habe im Jahre 1941 einen Gerichtsbeamten mit 100 Pesos bestochen, damit dieser seinen Sohn offiziell ein Jahr älter mache. Nur so konnte sich Castro an einer weiterführenden Schule bewerben. Furiati war die erste Biografin, die umfassenden Zugang zu Castros Privatarchiv erhielt. Sie sprach mehrmals mit dem Revolutionsführer und schrieb ihr Buch nach eigenen Angaben in Abstimmung mit ihm. Castro hat die Darstellung, derzufolge er heute erst 89 ist, also zumindest gebilligt.

Offiziell zugestimmt hat er ihr allerdings nie - aus gutem Grund. Sein offizielles Geburtsjahr 1926 enthält eine symbolträchtige Zahl, die auf Kuba jeder kennt. Am 26. Juli 1953 überfiel der junge Castro mit einigen Getreuen die Moncada-Kaserne, es war der Beginn der Rebellion, die schließlich in der kubanischen Revolution und der Vertreibung des Diktators Fulgencio Batista Anfang 1959 mündete. Seine Bewegung taufte Castro auf den Namen "26. Juli" - und bis heute feiern die Kubaner an diesem Datum ihren Nationalfeiertag. Das vermeintliche Geburtsjahr 1926 passt da einfach besser.

Die Bitte des jungen Castro, US-Präsident Roosevelt möge ihm eine Zehn-Dollar-Note schicken, blieb übrigens unerfüllt. Er erhielt ein Antwortschreiben des State Departments, das sich höflich für die Zuschrift bedankte. Ein Geldschein war nicht dabei.

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