Kritik von Ur-Parteimitgliedern:"Gruppe 42" will Piratenpartei reformieren

Die Piratenpartei hat sich auf den Weg aus der Nische gemacht, aber um den Preis manches Identitätsproblems: 42 Mitglieder der ersten Stunde kritisieren als "Gruppe 42", dass die Partei sich wieder mehr ihren Kernthemen widmen müsse. Ihre öffentliche Erklärung findet bei vielen Piraten Anklang.

Claudia Henzler

Urpiraten zitieren gerne aus dem Roman "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams. "42" ist dort die absurde Antwort auf die Frage "nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest". Doch Mittdreißiger, die Adams zitieren und irgendwas mit Informatik machen, sind längst nicht mehr die Mehrheit der im Dezember 2006 gegründeten Piratenpartei.

Bundesparteitag der Piratenpartei

Jens Seipenbusch, Ex-Vorsitzender der Piratenpartei, im Jahr 2009. Zusammen mit anderen Mitgliedern hat er einen überraschenden Appell an die Partei gerichtet.

(Foto: dpa)

Die hat sich auf dem Weg aus der Nische gemacht - um den Preis allerdings des ein oder anderen Identitätsproblems. Am Wochenende haben sich Jens Seipenbusch, von 2006 bis 2011 Vorsitzender der Partei, und der ehemalige stellvertretende Bundesvorsitzende Andreas Popp überraschend mit einem Appell an die Öffentlichkeit gewandt, die Kernthemen der Partei wieder ins Zentrum zu rücken, gemeinsam mit 40 weiteren Piraten der ersten Stunde. Sie nennen sich: Gruppe 42.

Die Piratenpartei ist die einzige Partei, die sowohl die technischen, als auch die sozialen Aspekte der digitalen Revolution nicht nur verstanden, sondern auch verinnerlicht hat," heißt es in der Erklärung, die am Samstag veröffentlicht wurde. "Dieses Alleinstellungsmerkmal müssen wir Piraten pflegen, konkretisieren und ausbauen."

"Es ist schade, dass das im Hintergrund vorbereitet wurde"

Neun Prozent würde die Piraten laut aktueller Emnid-Umfrage bei einer Bundestagswahl erringen; intensiv bereitet sich die Partei auf einen Einzug in den Bundestag vor. Gleichzeitig aber wächst bei Altmitgliedern das Unbehagen an der inhaltlichen Ausrichtung. Die vergangenen Parteitage dienten dazu, Positionen zu allen Politikfelder zu erarbeiten - was auch die "Gruppe 42" ausdrücklich nicht in Frage stellt. Zudem muss der Sprung auf 20.000 Mitglieder, der nach der Berlinwahl einsetzte, noch verkraftet werden. Immer wieder war bei Mitgliedern zuletzt die Sorge zu hören, die Piraten würden eine ganz normale Partei.

So nahmen viele Piraten die Erklärung der Gruppe 42 mit Zustimmung auf - einerseits. Der Weg aber, den Seipenbusch und Popp für ihre Kritik wählten, wird in den Internetforen als "unpiratig" gegeißelt. Die Veröffentlichung quasi aus dem Nichts sei ein unnötiger unfreundlicher Akt. Auch Bundesvorsitzender Sebastian Nerz kritisiert, dass sich die Gruppe an die Öffentlichkeit wandte: "Es ist schade, dass das im Hintergrund vorbereitet wurde", sagt er. Seipenbusch und seine Mitstreiter hätten sich der Piraten-Werkzeuge bedienen können, um eine innerparteiliche Mehrheit für ihre Initiative zu finden. Er bedaure, dass hier der Eindruck eines Konflikts entsteht, den es nicht gebe. Inhaltlich begrüße er den Vorstoß, sagt Nerz. "Ich freue mich, dass es eine Gruppe gibt, die sich mehr den Kernthemen widmen möchte."

Er verstehe, dass man den Eindruck haben könne, "dass über die thematische Erweiterung die Kernthemen aus dem Blick geraten" - auch wenn der falsch sei. Die Partei müsse besser darstellen, dass diese Arbeit stattfinde. Die Gruppe 42 will Nerz dafür in die Pflicht nehmen.

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