Süddeutsche Zeitung

Kritik vom Wehrbeauftragten:Robbe: Bundeswehr fehlen 600 Militärärzte

Reihenweise Kündigungen und ein eklatanter Mangel an Medizinern: Der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe hat das Sanitätswesen der Bundeswehr scharf kritisiert.

Kurz vor Veröffentlichung seines Jahresberichts an diesem Dienstag hat der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, scharfe Kritik am Sanitätswesen der Bundeswehr geübt. Mehr als 120 Ärzte hätten gekündigt, derzeit fehlten insgesamt 600 Militärärzte, sagte der SPD-Politiker der Bild-Zeitung.

"Der Sanitätsinspekteur ist seiner Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen", so Robbe weiter. Derzeit ist Kurt-Bernhard Nakath mit dieser Aufgabe betraut. Der Missstand im Sanitätswesen werde ein Schwerpunkt des Jahresberichts 2009 sein.

Bereits am Tag zuvor hatte Robbe den Sanitätsdienst als eines seiner "größten Sorgenkinder" bezeichnet. "Die Arbeit ist sowohl finanziell als auch aufgrund der hohen Belastung einfach zu unattraktiv, vor allem in schwierigen Auslandseinsätzen wie dem in Afghanistan", sagte Robbe der Wochenzeitung Das Parlament und mahnte den Bundestag, die von der Bundeswehr angeregten Lösungen finanziell mitzutragen.

"Ich muss es deutlich sagen: Für die Sanität ist es aus meiner Sicht nicht mehr fünf Minuten vor, sondern bereits fünf Minuten nach zwölf." Die ohnehin schwierige Situation der deutschen Soldaten im Auslandseinsatz sollte nicht noch zusätzlich erschwert werden.

Zusätzlich zum Sanitätsdienst wird Robbe in seinem Bericht wohl auch das Fehlen von geschützten Fahrzeugen, Maschinengewehren, Transportflugzeugen und Hubschraubern bemängeln. Für optimalen Schutz dürfte aber Geldmangel kein Argument sein, sagte der Wehrbeauftragte.

Hohes Risiko

Durch den Strategiewechsel beim Afghanistan-Einsatz sieht der Wehrbeauftragte außerdem ein größeres Risiko für deutsche Soldaten. "Die Gefahr wächst, dass Soldaten verwundet oder sogar getötet werden".

Durch das engere Zusammenspiel von Isaf-Truppen und afghanischen Soldaten auch im Norden Afghanistans könnte sich die Lage "zumindest vorübergehend" wesentlich verschärfen. Es wird erwartet, dass er in seinem Bericht auch auf diesen Aspekt näher eingeht.

Es ist der letzte Bericht des SPD-Politikers als Wehrbeauftragter. Seine fünfjährige Amtszeit läuft im Mai aus. Als Nachfolger ist der FDP-Politiker Hellmut Königshaus nominiert.

Robbe hatte vor wenigen Wochen mit der Veröffentlichung von Berichten über ekelerregende Aufnahmerituale bei den Gebirgsjägern im bayerischen Mittenwald für Aufsehen gesorgt. Daraufhin erhielt er Dutzende weitere Zuschriften mit Berichten über Rituale und Alkoholexzesse in anderen Truppenteilen.

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