Kritik am Bundespräsidenten:Horst wo?

Parteien-Sponsoring, Debatte um Hartz IV, hohe Neuverschuldung: Horst Köhler mischt sich nicht ein. Die Forderungen der Opposition nach einem Machtwort des Bundespräsidenten werden immer lauter.

Offen will er sein, "und notfalls unbequem", hatte Horst Köhler bei seinem Amtsantritt als Bundespräsident vor sechs Jahren angekündigt. Doch mit kritischen Stellungnahmen hält sich das Staatsoberhaupt derzeit zurück. Weder zur Sozialstaatsdebatte noch zu den - trotz hoher Staatsschulden - geplanten Steuersenkungen oder den Missbrauchsfällen innerhalb der katholischen Kirche hat sich Horst Köhler bisher geäußert.

"Horst wer?" hatte die Bild-Zeitung 2004 angesichts des bis dahin unbekannten Kandidaten getitelt. Ginge es nach der Opposition, wäre nun der Titel "Horst wo?" angebracht. Zum wiederholten Mal forderte sie ein Machtwort des Bundespräsidenten.

Es gebe derzeit ein großes "Bedürfnis nach Orientierung", zu der auch das Staatsoberhaupt beitragen könne, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, in Berlin. Er verwies dabei auf die Vorwürfe von Vetternwirtschaft auf Auslandsreisen von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sowie um das Sponsoring von Parteien. Auch in solchen Fällen könne der Bundespräsident als "moralische Instanz" für mehr Klarheit sorgen, meinte Oppermann.

Der Bundespräsident solle nicht Schiedsrichter sein, könne aber Orientierung geben, sagte der SPD-Politiker. Er verwies darauf, dass Köhler mit Hilfe von Union und FDP in sein Amt gekommen sei: "Vielleicht schämt er sich seiner Herkunft."

Oppermann griff auch die Personalpolitik Westerwelles an. Dessen Mitarbeiter im Auswärtigen Amt, Jörg Arntz, habe früher für eine in der Karibik ansässige Glücksspielfirma gearbeitet. Somit koordiniere "ein karibischer Glücksspieler" nun im Außenministerium, sagte Oppermann. Es sei zu fragen, ob es für solche Aufgaben nicht qualifiziertere Leute gebe. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Montag davon gesprochen, Westerwelle umgebe sich mit einer "Lumpenelite".

Bereits Anfang März hatte die Opposition ein Machtwort des Bundespräsidenten in der Sozialstaatsdebatte gefordert. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich hatte dies zurückgewiesen: "Es ist unsäglich und unverschämt, jetzt nach dem Bundespräsidenten zu rufen, nur weil Rot-Grün selbst nicht in der Lage ist, die Sozialstaatsdebatte konstruktiv zu führen."

Horst Köhler ist zuletzt dadurch in Erscheinung getreten, dass er sich am 11. März für eine Verschärfung des Waffenrechts aussprach - am Jahrestag des Amoklaufs von Winnenden.

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