Krise in Griechenland:Papandreou setzt auf alten Rivalen

Griechenlands Premier Papandreou hat sein Kabinett umgebildet - und hofft in der Krise auf einen alten Widersacher: Evangelos Venizelos wechselt vom Verteidigungsministerium ins Finanzministerium. Seine Aufgabe: ein 78 Milliarden schweres Sparprogramm gegen den massiven Widerstand der Bürger durchsetzen.

Im Ausland galt Giorgos Papakonstantinou als Antreiber der Sparpolitik und als wichtige Stütze der Konsolidierung Griechenlands. Aber bei reformfeindlichen Teilen innerhalb der Partei hatte der Finanzminister schon lange einen schweren Stand. Weil er unter anderem die Gehälter im öffentlichen Dienst gekürzt und die Mehrwertsteuer mehrfach angehoben hatte, stand er im Volk für die verhasste Sparpolitik der Regierung von Giorgos Papandreou.

Evangelos Venizelos talks to George Papaconstantinou during a swearing-in ceremony in Athens

Evangelos Venizelos (links) mit seinem Vorgänger im Finanzministerium, Giorgos Papakonstantinou: Am Mittag sind die neuen Minister im Amt verteidigt worden, Venizelos übernimmt mit dem Finanzministerium die derzeit wohl schwierigste Aufgabe in der Europäischen Union.

(Foto: REUTERS)

Dass der griechische Premier seinen Finanzminister nun schasst, kommt deshalb wenig überraschend. Verteidigungsminister Evangelos Venizelos wird das Schlüsselressort übernehmen. Mit dem Umbau in seinem Kabinett wagt der griechische Premier nach den heftigen Protesten auf den Straßen und den Streitigkeiten in der Regierungspartei Pasok den Befreiungsschlag.

Der 54-Jährige Venizelos ist einer der bekanntesten griechischen Verfassungswissenschaftler, Jurist und Professor an der Universität der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki. Er diente in den vergangenen zwei Jahrzehnten in verschiedenen sozialistischen Regierungen: Als Justizminister, Regierungsprecher, Kulturminister und zuletzt in der Regierung unter Giorgos Papandreou als Verteidigungsminister.

Venizelos gilt als die Nummer zwei in der regierenden Panellinio Sosialistiko Kinima (Pasok, Gesamtgriechische Sozialistische Bewegung). Bei der Wahl eines neuen Parteivorsitzenden trat er 2007 als stärkster Konkurrent von Giorgos Papandreou auf. Wahlsieger Papandreou setzte dennoch auf ihn, wenn auch beim vergleichsweise unbedeutenden Verteidigungsministerium. Nun muss Venizelos das 78 Milliarden Euro schwere Sparprogramm gegen den Widerstand der meisten Bürger durchsetzen, die die Bedingung für weitere Finanzhilfen von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds sind.

Der scheidende Finanzminister Papakonstantinou zieht in das Umweltministerium. Neuer Außenminister wird der Europaabgeordnete und enge Papandreou-Vertraute Stavros Lambrinidis. Die neue griechische Regierung unter Giorgos Papandreou und dem neuen Vizeministerpräsidenten und Finanzminister Evangelos Venizelos ist am Freitag in Athen vereidigt worden. Die Regierung will nach Angaben des Regierungssprechers am Dienstagnachmittag im Parlament die Vertrauensfrage stellen.

Zuvor hatten griechische Medien berichtet, Papandreou wolle den angesehenen ehemaligen Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Lucas Papademos, ins Finanzministerium holen. Aus diesem Grund sei die Regierungsumbildung auf Freitag vertagt worden, hieß es. Dieser Plan ist offenbar gescheitert.

Juncker drängt Berlin bei Griechenland-Hilfe zur Eile

Schlechte Nachrichten für die Regierung Papandreou kommen auch von den wichtigsten europäischen Partnern. Unmittelbar vor dem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy an diesem Freitag streiten Deutschland und Frankreich über den richtigen Weg zur Rettung Griechenlands. Merkel macht weitere Milliardenhilfen für das Land davon abhängig, dass sich auch die privaten Gläubiger Athens, also Banken, Versicherungen und Investmentfonds, an den Kosten beteiligen.

Sarkozy lehnt das ab, weil eine Umschuldung viele französische Geldhäuser in Probleme stürzen würde und er zudem ein Überschwappen der Schuldenkrise auf andere Staaten befürchtet. Frankreichs Präsident ist allenfalls dazu bereit, die Banken um eine Verlängerung ihres Engagements in Griechenland zu bitten.

"Hier gibt es tatsächlich einen gravierenden Meinungsunterschied", hieß es in Berliner Regierungskreisen. Dieser Konflikt werde sich wohl auch an diesem Freitag nicht lösen lassen. Deshalb werde es immer wahrscheinlicher, dass Griechenland in den nächsten Wochen noch einmal Geld aus dem bestehenden Hilfspaket erhalte und erst im September über ein neues Programm entschieden werde.

Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker hingegen dängt die Bundesregierung zur Eile. "Ich bin nicht der Meinung, dass wir zulassen sollten, dass die Entscheidungen bis in den September hinein verschoben werden", sagte der luxemburgische Regierungschef dem Tagesspiegel vom Freitag. Angesichts der deutschen Forderungen machte Juncker deutlich, dass es "eine Beteiligung privater Gläubiger geben" werde.

Der Euro-Gruppen-Chef warnte zugleich davor, bei den Verhandlungen über die Gläubigerbeteiligung "gewisse rote Linien" zu überschreiten. So dürfe es nicht zu einem Kreditausfall und einer weiteren Absenkung der Bonität Griechenlands kommen. Zudem müsse die Beteiligung der Banken auf freiwilliger Basis erfolgen.

Dagegen warnte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, die Euroländer vor vorschnellen Entscheidungen über ein neues Rettungspaket. "Der Druck der Straße darf nie der Politik die Führung geben. Verhandlungen bei so schwierigen Themen, wie der künftigen Hilfe für Griechenland, müssen sorgfältig geführt werden", sagte Hüther der Onlineausgabe des Handelsblatts. Die Hilfe sei nur akzeptabel, wenn die Auflagen eindeutig definiert seien. Zudem sei es für die politische Vermittelbarkeit in den anderen Staaten wichtig, dass die weitere fiskalische Sanierung Griechenlands "verlässlich" vonstatten gehe. Ein Schuldenerlass sei jedenfalls keine Antwort.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: