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Kriminologe:Studie: Mehr Kindstötungen im Osten

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Einer Analyse der Fälle der vergangenen zehn Jahre zeigt: Im Osten Deutschlands werden drei- bis viermal so oft Kinder von ihren Eltern getötet wie im Westen.

Im Osten Deutschlands werden nach Angaben des Kriminologen Christian Pfeiffer drei- bis viermal häufiger Kinder von ihren Eltern getötet als im Westen. "Vermutlich ist eine Ursache, dass es im Osten mehr junge Mütter gibt, die in sozialer Isolation und Armut aufwachsen und überfordert sind mit ihrer Mutterrolle", sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen am Sonntag.

"Wir sind aber noch nicht so weit, diese Ost-West-Unterschiede aufzuklären." In Brandenburg sind binnen weniger Tage drei tote Babys gefunden worden. An seinem Institut läuft laut Pfeiffer derzeit eine Studie zu allen rund 900 bis 1000 gerichtlich abgeschlossenen Fällen von Kindstötungen durch Eltern in Deutschland der vergangenen zehn Jahre.

Unterschiedliche Beweggründe

Die Auswertung von bisher etwa 150 Fällen zeige, dass es drei Kategorien von Müttern gebe, die ihre Kinder töten - allerdings fließen die Kategorien auch ineinander. "Bei einem Viertel bis einem Drittel der Fälle handelt es sich um Frauen, die die Schwangerschaft verheimlichen, das Kind ohne Hilfe zur Welt bringen und es dann töten oder es sich selbst überlassen." Dies seien "sehr isolierte Frauen", die ihre Mutterrolle nicht annehmen wollen oder können. "Durchaus sind darunter auch junge Studentinnen", betonte Pfeiffer.

In 50 bis 60 Prozent der Fälle spielten katastrophale Lebensbedingungen eine wesentliche Rolle. "Oft versuchen es die jungen Eltern zunächst, ihr Kind aufzuziehen, sind dann aber völlig überfordert und irgendwann passiert es, dass Vater oder Mutter das Kind zu Tode schütteln oder es nicht mehr versorgen." So ist vor wenigen Tagen der sechs Monate alte Florian in Frankfurt (Oder) verhungert. Die Eltern stehen unter Mordverdacht. Als dritte Kategorie nannte Pfeiffer psychisch kranke Frauen (15 bis 20 Prozent aller Fälle).

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