Krim-Krise:EU beschließt erste Sanktionen gegen Russland

Kanzlerin Merkel beim EU-Sondergipfel zur Krim-Krise

"Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt": Kanzlerin Angela Merkel nach dem EU-Sondergipfel in Brüssel zu möglichen weiteren Sanktionen gegen Russland.

(Foto: dpa)

+++ Obama telefoniert mit Putin +++ EU-Staaten beschließen leichte Strafmaßnahmen gegen Russland und behalten sich weitere Schritte vor +++ Julia Timoschenko kritisiert in Dublin das Krim-Referendum und sagt, dass die Ukraine bereit zur Verteidigung sei +++ Der ukrainische Regierungschef Jazenjuk will das EU-Assoziierungsabkommen schnell unterzeichnen +++

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Nach einer nächsten Eskalationsrunde im Ukraine-Konflikt telefonieren US-Präsident Obama und der russische Präsident Putin, ohne sich zu einigen. Nach den USA verhängt auch die Europäische Union erste Sanktionen gegen Russland. Bei einem Sondergipfel in Brüssel einigen sich die EU-Staaten nach stundenlangen Besprechungen auf eine gemeinsame Position in der Krim-Krise. Die neue ukrainische Regierung drängt auf ein Assoziierungsabkommen mit der EU, nachdem sich das Parlament der Halbinsel Krim zuvor für einen Beitritt zu Russland ausgesprochen hat. Der UN-Sicherheitsrat trifft sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Krisensitzungen.

Obama telefoniert mit Putin: US-Präsident Barack Obama hat nach Angaben des Weißen Hauses den russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem Telefonat zum Rückzug seiner Truppen in die Kasernen auf der Krim aufgefordert. Eine Annäherung der Positionen der beiden Staatschefs gab es in dem einstündigen Telefongespräch offenbar nicht. Nach Angaben des Kreml kamen beide Präsidenten überein, dass die beiden Außenminister, Sergej Lawrow und John Kerry, weiter in engem Kontakt bleiben sollten. Obama forderte, Putin müsse die russischen Soldaten zurück in ihre Kasernen auf der Krim beordern.Außerdem müsse er internationale Beobachter auf die Krim lassen, die dort die Rechte ethnischer Russen sicherstellten. "Präsident Obama hat betont, dass es einen Weg gibt, die Situation diplomatisch zu lösen", teilte das Weiße Haus mit. Putin hob in dem Telefonat nach Angaben des Kremls die Bedeutung der bilateralen Beziehungen zwischen Washington und Moskau hervor. Diese seien "von höchster Bedeutung für die weltweite Stabilität und Sicherheit" und dürften wegen des Konflikts in der Ukraine nicht aufs Spiel gesetzt werden, hieß es in der Erklärung Moskaus.

Timoschenko kritisiert Referendum: Die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko hat das geplante Referendum auf der ukrainischen Halbinsel Krim als Teil eines russischen Plans zur Abspaltung der Region kritisiert. Die Entsendung russischer Soldaten auf die Krim sei der erste Teil eines Plans aus Moskau zur Annexion der Halbinsel gewesen, sagte sie im irischen Dublin bei einem Parteitag der konservativen Europäischen Volkspartei. "Der zweite Teil des Plans ist das Referendum auf der Krim." Sie sagte, das es derzeit "gut bewaffnete" russische Soldaten auf der Krim gebe. Timoschenko stellte daher infrage, ob es "unter den Kalaschnikows ein offenes und faires Referendum" geben könne. Timoschenko warnte, dass eine Abspaltung der Krim für Russland nur ein erster Schritt sei und sagte: "Ich will, dass jeder weiß, dass die Ukrainer bereit zum Widerstand sind." Und das betreffe nicht nur die Armee: "Die Menschen in der Ukraine wollen ihr Land und ihre Unabhängigkeit verteidigen."

EU-Sondergipfel und Sanktionen: Die Europäische Union hat im Zuge der Krim-Krise erste Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt, wie Gipfelchef Herman Van Rompuy in Brüssel mitteilt. Ein Drei-Stufen-Plan sieht die sofortige Einstellung der Gespräche über Visa-Erleichterungen sowie ein neues Russland-EU-Abkommen vor und droht im nächsten Schritt mit Einreiseverboten und Kontensperrungen. Am brisantesten aber ist Stufe drei: "Jeder weitere Schritt der Russischen Föderation zur Destabilisierung der Situation in der Ukraine würde zu schwerwiegenden und weitreichenden Konsequenzen für die Beziehungen zwischen der EU und Russland führen." Dabei geht es ausdrücklich um "ein breites Spektrum wirtschaftlicher Bereiche" - also Wirtschaftssanktionen. "Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt, aber wir haben hier sehr deutlich gemacht, dass wir zu einer solchen dritten Stufe gegebenenfalls auch bereit sind", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu. Zudem droht die EU damit, den nächsten geplanten Gipfel mit Russland abzusagen. Zur Unterstützung der Ukraine kündigte Van Rompuy an, den politischen Teil des geplanten Assoziierungsabkommen mit der Ukraine noch vor dem 25. Mai zu unterzeichnen.

Ukrainische Regierung drängt auf Assoziierungsabkommen: Auch die neue ukrainische Regierung will nach den Worten des Übergangsregierungschefs Arseni Jazenjuk so bald wie möglich das geplante Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnen. Der gestürzte Präsident Janukowitsch hatte die Unterzeichnung des Abkommens inklusive eines Freihandelsvertrags im November unter dem Druck Russlands gestoppt und damit die blutigen Proteste ausgelöst, die schließlich zu seiner Absetzung führten.

Washington verhängt Sanktionen gegen Moskau: Auch US-Präsident Barack Obama erklärt in einer Ansprache im Weißen Haus das geplante Referendum über eine Abspaltung der Krim als Verstoß gegen ukrainisches Recht. Zuvor hat sich Obama bereits für Strafmaßnahmen gegen Russland entschieden. Es seien Einreiseverbote verhängt und die Vermögen derjenigen eingefroren worden, die für die Gefährdung der ukrainischen Sicherheit verantwortlich seien, teilte das Weiße Haus mit. Dies sei eine "Antwort auf die anhaltende russische Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine". Die USA haben außerdem sechs zusätzliche F-15-Kampfjets ins Baltikum verlegt.

OSZE-Beobachtern Zugang zur Krim verwehrt: Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist der Zugang zur Krim verwehrt worden. Das geht aus Agenturberichten hervor, die sich auf westliche Diplomatenkreise berufen. Moskautreue "Selbstverteidigungskräfte" wiesen demnach die Expertengruppe von einem Kontrollposten im Nordwesten der Krim ab.

Krim-Parlament spricht sich für Beitritt zu Russland aus: Das Parlament auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim hat sich einstimmig für einen Beitritt zu Russland ausgesprochen. Der Beschluss sei ab sofort gültig, sagt der stellvertretende Ministerpräsident Rustam Temirgalijew. Die einzig legitimen Streitkräfte auf der Krim seien die russischen Truppen. Die ukrainischen würden fortan als Besatzer betrachtet. Temirgalijew kündigt an, dass die Krim-Bewohner am 16. März über eine Angliederung an Russland abstimmen. Die Bürger sollen dabei zwischen einer verstärkten Autonomie innerhalb der Ukraine und einer künftigen Zugehörigkeit zu Russland entscheiden.

EU friert Konten von Janukowitsch ein: Die Europäische Union hat die Konten von 18 führenden Vertretern der früheren ukrainischen Führung gesperrt. Die Strafmaßnahmen richten sich auch gegen den gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch, wie aus einer im Amtsblatt der EU veröffentlichten Liste hervorgeht. Den Betroffenen wird vorgeworfen, ukrainische Staatsgelder ins Ausland geschafft zu haben. Die Sanktionen der EU zielen den Angaben zufolge auch darauf, diese Gelder einzuziehen.

Krisensitzung des UN-Sicherheitrates: Ebenfalls am Donnerstag trat der UN-Sicherheitsrat zu einer Krisensitzung zusammen. Die Vertreter der 15 Mitgliedstaaten der UN-Sicherheitsrats befassten sich am Donnerstag bereits zum vierten Mal mit der Krise in der Ukraine. Das Treffen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Eine gemeinsame Erklärung gab das Gremium bislang nicht ab. Russland verfügt als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats über ein Vetorecht und kann damit jede Entscheidung des Sicherheitsrats blockieren.

US-Außenministerium attackiert Putin: Die US-Regierung hat Äußerungen von Russlands Präsident Putin zur Ukraine als reine "Erfindung" bezeichnet. So eine "spektakuläre russische Dichtung" habe die Welt nicht gesehen, seit der Schriftsteller Dostojewski geschrieben habe, dass der Gedanke "zwei mal zwei ist gleich fünf" nicht ohne Reiz sei, heißt es in einem Dokument des US-Außenministeriums. Darin wird "Putins Fiktion" in zehn Punkten einem Fakten-Check aus US-Sicht unterzogen. Die Behauptungen seien eine "falsche Erzählung", mit der Russland seine illegalen Handlungen in der Ukraine rechtfertigen wolle, erklärte das Ministerium.

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