Krim:Nato-Oberbefehlshaber warnt vor Russlands "riesiger Streitmacht" an Grenze

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Bewaffnete mutmaßliche prorussische Milizen am Militärstützpunkt Belbek. (Foto: dpa)

Im Rahmen der bislang spektakulärsten Machtdemonstration seit ihrer Landung auf der Krim haben russische Truppen einen Fliegerhorst, eine weitere Militärbasis und ein Marineschiff in ihre Gewalt gebracht. Der Oberbefehlshaber der Nato zeigt sich besorgt über die russische Truppenstärke. Berlin schließt direkte Finanzhilfen für die Ukraine offenbar aus.

Die Entwicklungen im Newsblog

  • Nato-Oberbefehlshaber warnt vor "riesiger Streitmacht" Russlands an Grenze
  • Chef von US-Geheimdienstausschuss fordert Waffenlieferung an Ukraine
  • Steinmeier droht Moskau mit schärferen Sanktionen
  • Die Bundesregierung will der Ukraine keine direkten Finanzhilfen gewähren
  • Russische Truppen stürmen weitere ukrainische Militärstützpunkte
  • Das Land will ukrainische Soldaten von der Krim abziehen lassen
  • OSZE entsendet mit russischer Billigung Beobachter in die Ostukraine

Nato-Oberbefehlshaber warnt vor "riesiger Streitmacht" Russlands: Der als Supreme Allied Commander Europe zuständige Oberbefehlshaber der Nato, der US-Luftwaffengeneral Philip Breedlove, warnte vor der riesigen Streitmacht, die Russland an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen habe. Sie sei "sehr, sehr groß und sehr, sehr einsatzbereit". Die Truppenstärke reiche aus, um in Transnistrien einzugreifen. "Russland verhält sich eher als Gegner denn als Partner", sagte er. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte dem Spiegel, die Nato müsse nun "Präsenz" zeigen, dies sei besonders für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig. "Denn nur Geschlossenheit gibt die Sicherheit für die diplomatischen Gespräche, die nun geführt werden müssen." Der außenpolitische Sprecher der SPD, Niels Annen, warf ihr daraufhin vor, weiter zur Eskalation beizutragen. Ihr Vorschlag bestätige nur die Hardliner in Moskau und wecke gegenüber der Ukraine völlig unrealistische Erwartungen, sagte Annen Spiegel Online.

Russland verspricht Einhaltung internationaler Vereinbarungen: Das russische Verteidigungsministerium versicherte, Russland halte sich an die internationalen Vereinbarungen über die Truppenstärke an der Grenze. Von Moldawien, das knapp vier Millionen Einwohner hat und zwischen dem EU-Land Rumänien und der Ukraine liegt, sagte sich der Ostteil Transnistrien 1990 los. In dem Gebiet leben viele ethnische Russen. Dort sind auch russische Soldaten stationiert.

Chef des US-Geheimdienstausschusses fordert Waffenlieferung an Ukraine: Der prominente Republikaner Mike Rogers, Leiter des Geheimdienstausschusses im US-Abgeordnetenhaus, hält es für nötig, härter gegenüber Wladimir Putin aufzutreten. Er glaube, dass "Putin mit der Ukraine noch nicht fertig ist." Rogers sprach sich für die Lieferung von Kleinwaffen an das ukrainische Militär sowie medizinischer und anderer Ausrüstung aus. Präsident Barack Obamas Umgang mit der Krise kritisierte er. Dessen Rhetorik entspreche nicht den Realitäten in der Ukraine. Rogers Parteikollege Tom Cole schlägt eine Weiterentwicklung des umstrittenen Raketenabwehrschilds in Ost-Europa vor. "Man nimmt wieder Verhandlungen mit den Polen und den Tschechen über das anti-ballistische Raketenabwehrsystem auf", sagte er dem Sender ABC

Ukrainische Behörden bestätigen Stürmung eines der letzten Marineschiffe: Prorussische Milizen stürmen eines der letzten ukrainischen Marineschiffe auf der Krim. "Informanten in Simferopol geben an, dass Milizionäre und russische Spezialkräfte die Slawutitsch unter ihre Kontrolle gebracht haben", schreibt ein Sprecher des Kiewer Verteidigungsministeriums auf seiner Facebook-Seite. Das Schiff war seit Tagen von der russischen Marine im Krim-Hafen von Sewastopol blockiert. Die Korvette hatte sich vom Dock entfernt, um einer Erstürmung zu entkommen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau steht nun ein Großteil der Militäreinrichtungen und der ukrainischen Flotte sowie das einzige ukrainische U-Boot unter russischem Kommando. Weniger als 2000 der mehr als 18.000 ukrainischen Soldaten wollten die Krim verlassen, hieß es.

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Russische Truppen stürmen weitere ukrainische Militärstützpunkte: Zwei der letzten von ukrainischen Soldaten gehaltenen Stützpunkte auf der Krim sind vermutlich von russischen Truppen gestürmt worden. Bewaffnete brachten den Fliegerhorst Belbek nahe Sewastopol und die Militärbasis in der Stadt Nowofedorowka in ihre Gewalt. In Belbek sollen Panzer das Tor und einige Mauern des Geländes niedergewalzt haben. Es seien Schüsse in die Luft gefeuert worden. Der örtliche ukrainische Armeesprecher Wladislaw Selesnjow bestätigte den Übergriff via Facebook. Berichten zufolge wurde ein ukrainischer Journalist verletzt. In Nowofedorowka hätten prorussische Demonstranten die ukrainische Flagge heruntergerissen und eine russische Flagge aufgehängt, anschließend stürmten sie das Gebäude und warfen mehrere Fenster ein. Vom Dach warfen ukrainische Militärs Rauchbomben, gaben nach Verhandlungen mit russischen Soldaten jedoch auf.

Steinmeier droht Moskau mit schärferen Sanktionen: Nach seinem Besuch in der Ukraine hat Außenminister Steinmeier vor einer Ausweitung der Krim-Krise gewarnt. "Ich mache mir große Sorgen, dass der völkerrechtswidrige Versuch, 25 Jahre nach Ende des Kalten Kriegs international anerkannte Grenzen in unserer europäischen Nachbarschaft zu korrigieren, die Büchse der Pandora öffnet", sagte Steinmeier der Welt am Sonntag. Zwar sei die beschlossene Beobachtermission der OSZE ein erster Schritt in Richtung Deeskalation. Doch die Situation vor allem in der Ostukraine sei "immer noch alles andere als stabil".

Bundesregierung schließt direkte Finanzhilfen für Ukraine aus: Die Bundesregierung will der Ukraine derzeit keine direkten Finanzhilfen gewähren. Sämtliche geplanten Hilfen der Europäischen Union sollten den Bundeshaushalt nicht belasten, berichtet der Spiegel unter Berufung auf Kreise und Unterlagen des Bundesfinanzministeriums. Die Gelder für das elf Milliarden Euro umfassende Paket sollen demnach aus Darlehen und Mitteln der Entwicklungshilfe kommen. Den Angaben zufolge könnte die EU bis zu einer Milliarde Euro als Darlehen vergeben. In den Jahren 2014 bis 2020 sei zudem Entwicklungsunterstützung in Höhe von 1,6 Milliarden Euro geplant. Schließlich sollen die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Darlehen von insgesamt bis zu acht Milliarden Euro gewähren.

Ukrainische Soldaten auf der Krim sollen freies Geleit bekommen: Russland ordnet freies Geleit für ukrainische Soldaten von der Halbinsel an. Das meldet die Nachrichtenagentur dpa. Konkret geht es um einen Teil einer Luftlandebrigade. Die 61 Soldaten wollen ihren Dienst in der ukrainischen Armee fortsetzen. Die moskautreue Krim-Führung hatte im Gegenzug für den Abzug verlangt, dass die Militärs ihre Ausrüstung zurücklassen. Nun sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, die Soldaten könnten mit eigenen Fahrzeugen abrücken. Sie sollen bis zur Grenze von russischer Militärpolizei eskortiert werden.

Lage in der Ukraine soll geprüft werden: Der Ständige Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) billigt auch mit der Stimme Russlands die Entsendung einer Mission, wie die US-Delegation per Twitter mitteilt. Die USA, die EU und Deutschland hatten zuletzt einen solchen Schritt gefordert. Er gilt als wichtiges Signal für eine Deeskalation. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und der russische Präsident Putin haben am Sonntag über die Lage in der Ukraine gesprochen. Beide Seiten hätten in dem Telefonat die Einigung auf das Mandat der OSZE begrüßt, teilte der Kreml in Moskau mit. Die Beobachtermission soll unparteiisch Informationen über die Sicherheitslage und den Schutz von Minderheiten in der Ukraine sammeln. Sie besteht aus mindestens 100 Experten, die zunächst für sechs Monate in das Land reisen sollen.

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© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/ipfa/dayk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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