Süddeutsche Zeitung

Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber:Haftbefehl gegen NS-Verbrecher

Die Niederlande verlangen die Auslieferung des SS-Schergen Klaas Carel Faber. Er soll doch noch seine Haftstrafe antreten müssen.

Die Niederlande versuchen erneut zu erreichen, dass der rechtskräftig verurteilte Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber doch noch seine Haftstrafe antreten muss. Die Bezirksstaatsanwaltschaft Zwolle hat einen europäischen Haftbefehl erlassen, in dem sie die Auslieferung des 88-jährigen gebürtigen Niederländers beantragt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger begrüßte am Donnerstag den Haftbefehl und forderte die bayerische Justiz indirekt auf, den Vollzug von Fabers Strafe zu ermöglichen

: "Ich bin zuversichtlich, dass jetzt die zuständigen bayerischen Behörden das Auslieferungsersuchen eingehend prüfen und dabei auch Alternativen - etwa eine Übernahme der Vollstreckung des Urteils in Deutschland - in den Blick nehmen", sagte die FDP-Politikerin.

Faber lebt seit Jahrzehnten von der deutschen Justiz unbehelligt in Ingolstadt. Das letzte Auslieferungsersuchen der Niederlande lehnte das Landgericht Ingolstadt im Jahr 2004 aus formalen Gründen ab. Faber war ein niederländischer SS-Freiwilliger und wurde in den Niederlanden wegen mehrfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. 1952 floh er aus dem Gefängnis nach Deutschland. Eine Auslieferung an die Niederlande lehnten die deutschen Behörden ab. Sie beriefen sich dabei auf einen Erlass aus der Nazi-Zeit: 1943 hatte Adolf Hitler entschieden, dass alle SS-Freiwilligen automatisch deutsche Staatsbürger seien. 1957 lehnte das Landgericht Düsseldorf einen neuen Prozess ab - aus Mangel an Beweisen. Nun versuchen es die Niederlande mit einem "europäischen Haftbefehl". Es ist der erste gegen einen ehemaligen NS-Kriegsverbrecher.

Das Bayerische Justizministerium gibt sich noch bedeckt. Der Haftbefehl liege noch nicht vor, hieß es. Und nach wie vor gelte, dass deutsche Staatsangehörige nur mit ihrer Zustimmung ausgeliefert werden können. Um diese Hürde zu überwinden, bezeichnen die niederländischen Behörden in ihrem Haftbefehl Faber als "staatenlos". Über die Vollstreckung des Haftbefehls muss die Generalstaatsanwaltschaft in München entscheiden.Stefan Mayr

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SZ vom 26.11.2010/segi
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