Kriegsgräberfürsorge:Unfrieden auf den Friedhöfen

Dem Präsidenten des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge droht im Streit um Geld und inhaltliche Ausrichtung die Abwahl.

Von Christoph Dorner

Dem Präsidenten des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Markus Meckel, droht die Abwahl. Dies zeichnet sich im Vorfeld der für September geplanten vorgezogenen Bundesvertreterversammlung ab. Vordergründig geht es um Geld, im Hintergrund aber tobt ein interner Streit um die künftige Ausrichtung des Verbands.

Der gemeinnützige Verein betreut im Auftrag der Bundesregierung die Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft im Ausland. Jedes Jahr birgt er in Osteuropa knapp 30 000 Tote, jeder Dritte kann noch identifiziert werden. Mit seiner friedenspädagogischen Arbeit erreicht der Verein jährlich 20 000 Jugendliche, im Juni erhielt er dafür den Deutschen Nationalpreis. Dennoch ist der Volksbund gerade in den Wochen vor dem Volkstrauertag im November massiv auf Spenden seiner Mitglieder angewiesen. Umso verheerender ist für manche der Eindruck, dass der Verein momentan vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Die hauptamtliche Generalsekretärin Daniela Schily beschwert sich öffentlich über die Amtsführung des ehrenamtlichen Präsidenten Markus Meckel, gegen den Vorwürfe des Amtsmissbrauchs kursieren. Vieles deutet darauf hin, dass er ein Abwahlverfahren, das formal noch nicht eingleitet ist, nicht überstehen würde.

Der Volksbund verfügt nur noch über knapp 90 000 Mitglieder, die meisten entstammen der Generation, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt hat. Präsident Meckel warnt deshalb, dass dem Verein das finanzielle Aus drohe, weil Spenden und Mitgliederbeiträge dramatisch zurückgehen. Er will, dass sich der Bund künftig stärker finanziell engagiert - Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck werden schließlich gern mit Staatsgästen auf Kriegsgräberstätten abgebildet. Deshalb hat er seit seiner Wahl im Jahr 2013 vor allem die Kontakte in die Politik intensiviert. "Vorher ist mir der Volksbund mit seinen Anliegen in Berlin nie begegnet", sagt Meckel. Er muss es ja wissen.

Kriegsgräber

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge betreut im Auftrag der Bundesregierung die Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft im Ausland.

(Foto: Uli Deck/dpa)

Denn bis 2009 saß Markus Meckel für die SPD 19 Jahre lang im Bundestag, zuvor war er der letzte Außenminister der DDR. Weggefährten wie der SPD-Politiker Wolfgang Thierse beschreiben den ausgebildeten Pfarrer als selbstbewussten, systematisch denkenden Politprofi. Innerhalb des Volksbunds hatte Meckel jedoch schnell einen schweren Stand. Bei der Formulierung eines Leitbilds für den Verein hatte es im vergangenen Jahr heftigen internen Widerstand gegeben. Ehemalige bayerische Reservisten wollten keine Spenden mehr sammeln, weil in dem Entwurf nicht mehr von Soldaten, sondern pauschal von Kriegstoten die Rede war. Auch die Passage, worin der Zweite Weltkrieg als rassistisch motivierter Angriffskrieg bezeichnet werde, stieß auf Widerspruch. Meckel dagegen vertritt seinen Kurs offensiv. Er möchte den Volksbund zu einem wichtigen Teil europäischer Erinnerungskultur machen: "Wir sind kein Kleintierzüchterverein, wir haben einen öffentlichen Auftrag."

Um die Bundesregierung zu finanziellen Zusagen zu bewegen, will Meckel zunächst weiter investieren. "Mit Sparmaßnahmen wird man den Volksbund nicht retten können", sagt er. Doch ein Ausstellungsprojekt auf mehreren Friedhöfen, das 1,4 Millionen Euro kosten sollte, hat das Präsidium des Volksbunds nun per Beschluss gestoppt. Hintergrund ist ein seit Monaten anhaltender Kompetenzstreit zwischen Meckel und seiner Generalsekretärin Daniela Schily. Diese betont zwar, dass sie die gesellschaftspolitische Neuorientierung des Vereins unterstütze. Auch dessen Wahrnehmung sei mit Meckel deutlich gestiegen. Schily attestiert Meckel aber einen autoritären Führungsstil. Er mische "sich ständig in das operative Geschäft ein, aber für das bin ich laut Satzung zuständig". Dem widerspricht Meckel, er sieht die Entscheidungsbefugnisse vor allem bei sich.

Markus Meckel

Markus Meckel, einst SPD-Bundestagsabgeordneter und letzer Außenminister der DDR, ist seit Oktober 2013 Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

(Foto: Dominik Flügel/dpa)

Unter den Landeschefs soll Meckel mittlerweile nicht mehr viel Rückhalt haben. Eine Fragenliste zu dessen Abrechnungspraxis wurde kürzlich der Presse zugespielt. Zweifel an hohen Handyrechnungen und Möbelanschaffungen für das Berliner Büro konnte Meckel noch entkräften. Ob er sich in den weiteren Punkten ebenso korrekt verhalten hat, sollen zwei Gutachter bis August prüfen. Freiwillig zurücktreten will Meckel jedenfalls nicht.

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