Krieg:Waffenruhe in Syrien in Kraft getreten

Krieg: Die Ruinen der Stadt Maaret al-Numan in der syrischen Provinz Idlib, wo es trotz der Waffenruhe zu Kämpfen gekommen sein soll (Foto vom 21. Dezember).

Die Ruinen der Stadt Maaret al-Numan in der syrischen Provinz Idlib, wo es trotz der Waffenruhe zu Kämpfen gekommen sein soll (Foto vom 21. Dezember).

(Foto: AFP)
  • Seit Mitternacht gilt in Syrien eine von Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und Rebellen.
  • Sie scheint zu halten, Beobachter melden aber vereinzelte Gefechte in den Provinzen Idlib und Hama.
  • Nato-Generalsekretär Stoltenberg sagt, die Vereinten Nationen seien "blockiert" und hätten so ein Eingreifen der Nato in Syrien behindert.

Seit Mitternacht (Ortszeit) gilt in Syrien eine zwischen Regierungstruppen und mehreren Rebellengruppen vereinbarte Waffenruhe, die bislang weitgehend eingehalten zu werden scheint.

Bereits eine halbe Stunde vor Inkrafttreten der Feuerpause berichtete ein Aktivist der syrischen Opposition, Masen al-Schami, der Nachrichtenagentur AP, dass es in den Nachbarschaften von Damaskus ruhig sei. Auch in dem von Rebellen gehaltenen Dorf Barada nordwestlich der syrischen Hauptstadt seien die tagelangen Kämpfe eingestellt worden. Korrespondenten der Agentur AFP meldeten, auch in der Hauptstadt Damaskus und Idlib gebe es seit Mitternacht weder Gewehrfeuer noch Luftangriffe.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete allerdings Angriffe auf Regierungstruppen in der Provinz Hama. Auch an der Grenze zur Nachbarprovinz Idlib sei es zu Kämpfen gekommen. Russlands Präsident Wladimir Putin, dessen Truppen die Regierung von Baschar al-Assad mit Luftangriffen unterstützt, nannte die Waffenruhe "fragil". Falls es zu keiner erneuten Gewaltwelle käme, könnten jedoch im Januar erste Verhandlungen mit gemäßigten Rebellen stattfinden. Die Gespräche sollen dann unter der Schirmherrschaft von Russland und Astana in der kasachischen Hauptstadt Astana beginnen.

IS und frühere Al-Nusra-Front ausgenommen

Die von Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe ist bereits der dritte Versuch, einen Stillstand der fast sechs Jahre andauernden Kämpfe in Syrien zu erreichen. Sie gilt allerdings nur für Kämpfergruppen, die von Russland nicht als "Terroristen" bezeichnet werden - ausgenommen sind etwa die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat und die frühere Al-Nusra-Front, die sich inzwischen Fateh al-Scham nennt.

Kurz nach Beginn der Waffenruhe flog die Türkei Luftangriffe auf den IS. Unter anderem seien Ziele in der nordsyrischen Region Al-Bab bombardiert worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Dem russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu zufolge haben insgesamt sieben Oppositionsgruppen die Waffenstilstandsvereinbarung unterzeichnet. Der syrische Außenminister Walid al-Muallim hatte die Vereinbarung eine "wirkliche Chance" für eine politische Lösung des Konflikts genannt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sprach von einer historischen Gelegenheit, die nicht verspielt werden dürfe.

Stoltenberg beklagt mangelnde Handlungsfähigkeit der UN

Unterdessen beklagte der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Schwäche der Vereinten Nationen im Hinblick auf den Krieg in Syrien. "Im Fall Syrien sehen wir leider, dass die UN blockiert sind, wie es dem UN-Sicherheitsrat nicht möglich ist, sich zu einigen", sagte der Norweger in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Dies schwäche die "Handlungsfähigkeit der ganzen internationalen Gemeinschaft".

Er spielte damit darauf an, dass Russland ein stärkeres Eingreifen der internationalen Gemeinschaft in den Syrien-Konflikt in den vergangenen Jahren mehrfach mit einem Veto verhindert hat. Das Fehlen eines UN-Mandats ist Stoltenberg auch der Grund dafür, dass die Nato-Staaten in Syrien bislang nicht gemeinsam militärisch interveniert haben. "Der Einsatz militärischer Gewalt ohne klares UN-Mandat könnte den Konflikt in Syrien noch einmal verschlimmern und zu einem größeren regionalen Konflikt führen", warnte er.

In dem seit 2011 tobenden Krieg sind bislang mehr als 300 000 Menschen getötet worden, mehr als elf Millionen sind auf der Flucht - das entspricht etwa der Hälfte von Syriens Bevölkerung vor Kriegsbeginn.

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